Im Rahmen der Suche nach weiteren deutschen Kulturgütern, die im Kontext des Ersten oder Zweiten Weltkrieges geraubt oder zerstört wurden, wird im Folgenden die Geschichte einer Statue namens "Die Arbeit" von Ludwig Manzel (1858-1936) erörtert, welche den jüngeren Generationen vollkommen unbekannt ist, während sie vor 100 Jahren in Berlin eine hohe Bekanntheit aufwies, die mit der Siegessäule vergleichbar war.

Die Geschichte nimmt ihren Anfang mit dem Jahr 1884, wobei diese Angabe nicht als gesichert betrachtet werden kann. In diesem Jahr wurde das Reichstagsgebäude errichtet, wobei die Architekten eine künstlerische Konzeption für die vier Türme des Gebäudes verfolgten, die sich durch eine gewisse Inkohärenz auszeichnete. Sie konzipierten allegorische Figuren, welche die nördlichen und südlichen Regionen Deutschlands repräsentieren sollten. Für die Umsetzung dieses Vorhabens kam eine Vielzahl von Bildhauern in Betracht, die bereits durch vorherige Aufträge des Kaisers in Berlin bekannt waren. In der engeren Auswahl befanden sich Reinhold Begas, Fritz Schaper, Rudolf Maison und Ludwig Manzel. Letzterer war lediglich vier Jahre jünger als Maison und bereits mit knapp 40 Jahren ein renommierter Künstler. Manzel wurde der Auftrag direkt vom Kaiser Wilhelm II. erteilt, was für Manzel eine der größten Ehren in seiner Laufbahn darstellte.

Der Auftrag umfasste die Gestaltung zweier zentraler Figuren sowie einer allegorischen Gruppe für einen der Türme. Die von Manzel geschaffenen Figuren sollten die vier Grundtugenden "Die Arbeit", "Die Wissenschaft", "Die Kunst" und "Der Krieg" verkörpern. Manzel arbeitete von 1895 bis etwa 1900 an den Figuren, die die vier Grundtugenden darstellen sollten. Merkwürdigerweise beschlossen die Architekten jedoch, seine Arbeit nicht zu berücksichtigen. Ab diesem Zeitpunkt begann das abenteuerliche Schicksal dieser vier Kunstwerke, denn es gibt nur wenige Informationen über ihren Verbleib und die Zeiträume, in denen sie ausgestellt wurden. Die von dem Kunsthistoriker angegebene Materialität der Statuen – Bronze – steht im Widerspruch zu den von uns durchgeführten Recherchen. Allerdings sind die exakten Maße nicht umfassend dokumentiert, was die Recherche entsprechend erschwert hat. In der Regel werden alle vier Figuren als lebensgroß beschrieben, was für zahlreiche Skulpturen dieser Zeit typisch war, die häufig in dieser Größe gestaltet wurden.

Im Buch Skulpturen von Ludwig Manzel (Berlin, Baumgärtel, 1905) findet sich ein Verzeichnis, in welchem zahlreiche Werke mit Bildern und Ausstellungsorten dokumentiert sind. Die Liste umfasst die Werke "Die Wissenschaft" und "Die Arbeit". Hinsichtlich des ersten Kunstwerks ist als Ausstellungsort St. Louis vermerkt, wobei sich nicht feststellen lässt, ob es sich um die ursprüngliche Version handelt, die für den Turm des Reichstagsgebäudes vorgesehen war. Es ist jedoch bemerkenswert, dass beide Statuen auf dem Bild aus verschiedenen farbkontrastierenden Materialien gefertigt wurden, wobei "Die Wissenschaft" aus Marmor und "Die Arbeit" aus Kupfer besteht, obwohl sie für den gleichen Turm des Reichstags entworfen wurden. Es stellt sich die Frage, ob es sich um einen Fehler im Rahmen der Auftragserteilung handelt. Lässt sich aus der Farbwahl eine bestimmte Intention ableiten? Die für die Kunstregie verantwortlichen Architekten wären dazu imstande, eine Antwort zu geben.

Es kann mit Sicherheit festgestellt werden, dass alle vier monumentalen Kunstwerke in das Atelier von Manzel in Berlin-Charlottenburg zurückgebracht wurden. Manzel selbst hatte jedoch ein Interesse daran, die Statuen an einem prominenten Ort in Berlin aufzustellen. An dieser Stelle erweisen sich unsere Zeugenaussagen als außerordentlich wertvoll, da sie sich mit einigen Informationen von Kunsthistorikern (aus dieser Zeit) decken, auch wenn sie nicht gänzlich glaubwürdig sind. Es liegen Berichte vor, denen zufolge die Skulpturen "Die Wissenschaft" und "Die Kunst" zeitweise in anderen öffentlichen Einrichtungen oder Museen in Berlin zu sehen waren. Bedauerlicherweise existieren hierfür jedoch keine Belege in Form von Dokumenten, Fotografien oder Filmmaterial. Analog zu den übrigen Figuren sind Informationen über den Verbleib der Statue "Der Krieg" nur spärlich überliefert. Es gibt keine Belege dafür, dass sie an einem öffentlichen Ort aufgestellt wurde, jedoch kursierte teilweise der urbane Mythos, sie sei während der Bombenangriffe auf Berlin im Zweiten Weltkrieg zerstört worden.

Es sei jedoch darauf verwiesen, dass zwischen der Rückkehr zum Atelier und den Bombenangriffen ein Zeitraum von ca. 45 Jahren liegt, wobei hier ein Jahr mehr oder weniger zu veranschlagen ist. In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob die wertvollen Kunstwerke versteckt, oder in staatlicher Obhut in einem Museum verwahrt wurden. Ein Zeitraum von fünfundvierzig Jahren entspricht einer beträchtlichen Zeitspanne. Es ist anzunehmen, dass die Statuen in sichere Verwahrung gegeben wurden, entweder bei privaten Kunstsammlern oder engen Freunden des Künstlers. Diese Annahme findet Bestätigung in der oben genannten Literatur, wo das Werk "Am Wege" in einem Verzeichnis aufgeführt wird. Demnach befand sich dieses im Besitz von Herrn Quistorp in Stettin. Somit lässt sich annehmen, dass ein Kunstsammler oder Auftraggeber, der möglicherweise eines oder mehrere Werke hätte aufnehmen können, existierte.

Schließlich war es mein Bestreben, mich mit der letzten Figur der Gruppe, der sogenannten "Arbeit" („Die Arbeit“), zu befassen. Die einzige Skulptur, von der überliefert ist, dass sie im Jahr 1897 an einem öffentlichen Ort aufgestellt wurde, ist die hier thematisierte. Dies geschah im Warenhaus Wertheim auf der Leipziger Straße 132 in Berlin, als das Gebäude noch als Ort des Einkaufens für die Generation unserer Großeltern und Urgroßeltern von Interesse war. Der vom renommierten Architekten Alfred Messel entworfene Bau war zu seiner Zeit eine Attraktion der Stadt, insbesondere aufgrund seines Designs. Massel entschied sich für eine eiserne Konstruktion mit einer repräsentativen Eingangshalle sowie einem daraus hervorgegangenen, zweiundzwanzig Meter hohen Lichthof. Doch mitten auf dem Lichthof ließ Massel Manzels großzügige Darstellung der Arbeit („Die Arbeit“) aufstellen.

Die beeindruckende Figur, welche eine Höhe von über sechs Metern aufweist, mit Podest zusammen, blieb gemäß Aussagen von Zeitzeugen (die Maße lassen sich jedoch auch aus den Bildern bestätigen) über Jahrzehnte hinweg bis zu den Bombenangriffen auf Berlin bestehen. Die Skulptur symbolisierte die Bedeutung von Arbeit als zentrales Element der Gesellschaft. Viele der Kunstwerke und Skulpturen, die während dieser Zeit in öffentlichen Orten Berlins installiert waren, wurden entweder zerstört oder verschwanden spurlos aufgrund von Bombenangriffen und den Kampfhandlungen.

Bereits im Jahr 1894, im Alter von 36 Jahren, wurde Ludwig Manzel zum Professor an der Berliner Akademie der Künste ernannt, an der er über viele Jahre hinweg lehrte und zahlreiche Schüler, darunter Josef Thorak, ausbildete. Des Weiteren bekleidete er das Amt des Präsidenten der Preußischen Akademie der Künste (1912 bis 1915), einer renommierten Institution, die in Berlin eine zentrale Rolle für die Künste einnahm. Im Preußischen Kultusministerium war Manzel in beratender Funktion tätig und hatte wesentlichen Einfluss auf die Kunstpolitik und Kulturförderung des Kaiserreichs. Seine wichtigsten Aufträge erhielt er von Kaiser Wilhelm II., deutscher Kaiser und König von Preußen, mit dem er seit 1889 in engem Kontakt stand.