Aus dem Ort Zobten am Berge (heute Sobótka, Polen) ist nur der Name geblieben und zwar für diejenigen, die sich gern daran erinnern mögen, dass er einmal deutsch war. Auch wenn preußische Gebiete immer Hin und Her, im Laufe der Geschichte, auf der Karte umbenannt wurden, war Zobten für Schlesier etwas besonderes. Im Ort wuchs die Bedeutung des Lützowschen Freikorps (freiwillige Körperschaft) nach dem Befreiungskriege (1813) rasch bis es ein Mythos wurde. Ursprünglich wurde es von Generalmajor Ludwig von Lützow gegründet; er kämpfte zwischen 1813 und 1815 gegen die napoleonischen Truppen. In Zobten bildete sich das Freikorps im gleichen Jahr der Gründung, 1813, aufgrund der Stadtentwicklung in Schlesien wurde die Zugehörigkeit zu preußischen Vorbildern und Institutionen stärker. Zum 100 Jährigen Jubiläum des Lützowschen Freikorps wurde Bildhauer Theodor von Gosen beauftragt, eine plastische Figur des Dichters und Helden Theodor Körner, Angehöriger des Freikorps, zu erschaffen. Das Ehrendenkmal wurde später zusammen mit dem Obelisk und dem Bismarckturm eine Sehenswürdigkeit in der Region. Von Gosen, der zum Zeitpunkt kein Unbekannter war, übernahm den Auftrag als höchster Vertreter des schlesischen Kunstlernvereins. Von 1913 bis 1948 stand „Der betende Lützower“ auf der Rückseite der Sankt Jakobus Kirche.
An dieser Stelle müssen wir uns die Frage stellen, was passierte mit dem Steindenkmal? Wie es in vielen Fällen war, gibt es dazu mehrere Theorien, aber keine eindeutige Antwort auf die Frage. Das aus Kalkstein bestehende Denkmal befand sich an der hinteren Seite des Presbyteriums der Jakobus-Kirche auf der Reichenbacherstraße (heute Tadeusza Kościuszki Straße) und wurde nach dem Krieg entfernt. Am 3. Mai 1945 war die Wehrmacht im Dorf und versuchte noch Plätze und Straßen zu verteidigen. Fünf Tage später gaben sie nach blutigen Gefechten auf und die Rote Armee, durch die sowjetische Militärverwaltung, kümmerte sich um die Vertreibung der Deutschen nach Westen. Es ist zu vermuten, dass die Statue durch Munition schwer beschädigt wurde und niemand Interesse hatte, eine solche Erinnerung aus dem grauenhaften Szenarium der Zerstörung retten zu wollen. Nach polnischen Quellen wurde das Monument im Jahr 1948 entfernt, dort blieb nur der ca. viereinhalb Meter hohe rustikale Steinsockel mit einer neuen Beschriftung, die die originelle Inschriftentafel bedeckt: „Dem von lützowschen Freikorps – 1813 – zum Gedächtnis“.
Von Gosen verriet interessante Details über sein künstlerisches Schaffen in Zobten am Berge. Bei der Schaffung der Statue hatte er vor, einen 4 Meter hohen Reiter aus einem einzigen Block zu meißeln. Dieses sei sehr schwierig gewesen, denn solche Steinblöcke wurden aus Steinbrüchen in der Nähe von Würzburg gewonnen. Ein Zugtransport lief reibungslos, was aber Schwierigkeiten bereitete war die kurze Fahrt vom Bahnhof in Zobten bis zur Kirche, deren Straße auf einer Gefällstrecke liegt. Ein spezieller Wagen und sechs Pferden machten es möglich. Allerdings war das nächste Problem, den intakten Felsblock auf den engen Sockel zu stellen. Auch hatte der Künstler gestanden, dass der Auftrag aufgrund der mangelnden Erfahrung äußerst kompliziert für ihn war, eine epische Figur darzustellen. Die Arbeit an sich wurde eine aufwendige Herausforderung, wobei er und drei weitere Männer als Erstes einen Schuppen aus Brettern in den ersten drei Monaten aufbauen mussten.
Wenn wir die Bilder genau analysieren, können wir im wahrste Sinne des Wortes nur noch zustimmen, was Von Gosen behauptete. Denn die wachende Haltung des Pferdes ist, im Vergleich mit den anderen Skulpturen des Künstlers z.B. „Amor auf dem Pegasus“ (Breslau, 1913), seinem Stil nicht identisch. Das Pferd des Lützowers wurde mit einer massigen Muskulatur abgebildet und seine bewegungslose Haltung verlieh der gesamten Komposition einen martialischen Hauch. Grundsätzlich ist das Material nicht dafür geeignet, denn beim Stein lässt sich eine stilistische Ausführung mit lebhaftem Ausdruck nicht fertigen. Einige Bildhauer behaupten selbst; die Arbeitsgänge seien entdeckend, die ursprüngliche Vorstellung ändere sich und einen zweiten Versuch gäbe es nicht. Das Gegenteil ergibt sich bei den Bronzeskulpturen des Künstlers, bei denen eine besondere Kunstfertigkeit und Bewegungsqualität zu finden sind. Doch tatsächlich konfrontieren wir uns, nun leider nur auf Bildern, bei „Dem betenden Lützowers“ mit einer echten epischen Körperstellung und kriegerischen Zügen des Pferdes. Hätte die gesamte Zusammenstellung ein längeres Maß in die Tiefe gehabt, wahrscheinlich aus technischen Gründen nicht möglich, hätte es die Ausführung mit einer anderen Intensität und Lichtstrahlungsrichtung erscheinen lassen.
Jedoch gehen uns die Gedanken und Fragezeichen nicht aus dem Kopf; wie lässt sich ein tonnenschwerer Gesteinsblock demontieren und inwiefern kann er verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen. Faktum ist, dass der künstlerische Wert der Skulptur immens ist und dass wir einer Beutekunst gegenüber stehen. Von Gosens monumentales Kunstwerk ist das einzige von ihm aus diesem Material und man hat die Hoffnung, dass diese Rarität bestenfalls nicht komplett zerstört wurde und falls noch Fragmente existieren, mögen sie an einem sicheren Ort behütet werden.