Die Galerie Thomas Zander freut sich, eine Ausstellung anzukündigen, die ausgewählte Arbeiten von Günter Umberg und James White gegenüberstellt und deren künstlerische Positionen in Dialog treten lässt. Nach der vorangegangenen Ausstellung Die Farbe Grau mit Werken von Gerhard Richter und Michael Schmidt setzen sie die Reihe thematischer Doppelausstellungen fort, der sich die Galerie Thomas Zander in diesem Jahr widmet.
Für Günter Umberg (geb. 1942 in Bonn) ist Malerei „gemalte Farbe“ jenseits eines wie auch immer gearteten Bildinhalts. In intensiver Auseinandersetzung mit den Erscheinungsformen und Diskursen des Mediums, insbesondere mit dem Tafelbild des Mittelalters, hat Umberg die Mittel der Malerei radikal auf ihre Grundlagen reduziert. Seine Arbeit greift Tradiertes auf und stellt es im selben Moment in Frage, um die Hinwendung zum Bild in die zeitgenössische Malerei zurückzuführen. Von fundamentaler Bedeutung ist dabei die reine Präsenz der Farbe, welche durch die Stofflichkeit der verwendeten Pigmente eine nicht zu greifende Tiefenwirkung entfaltet. Die unterschiedlichen Arten und Mischungen von Pigmenten bindet Umberg mit Dammarharz und bringt sie in zahlreichen Schichten so auf, dass eine mal opak verschlossene, mal offenporige oder gar transparent wirkende, höchst empfindliche Oberfläche entsteht. Mehr und mehr wird hier die Körperlichkeit des Bildes, seine Existenz als Objekt, bewusst. Bildträger sind rechteckige sowie fast quadratische Holztafeln verschiedener Stärke, an deren zur Wand hin abgeschrägten Kanten oft noch die orange- bis ockerfarbige Grundierung zu sehen, eine Referenz an die mittelalterliche Goldmalerei. Im Resultat stellt sich das Bild mit seiner nackten Oberfläche exponiert dar. Nichts lenkt die Wahrnehmung von ihr ab, und gerade das macht ihre Betrachtung zur Herausforderung. Die Ausstellung zeigt u.a. eine frühe hochformatige Malerei von 1976 sowie mehrere Einzelwerke kleineren Formats aus Umbergs aktueller Schaffensphase. Diese Bilder lassen über feinste Nuancen von Grau, Blau und Schwarz bis zu leuchtendem Gelb alle Farben zu. So auch in Plan No. 7, 2017/18, bestehend aus einer Gruppe von sechs Einzelarbeiten, die sich auf und entlang der Achsen zweier kreuzförmig zusammengeführter Ahornpaneele orientieren. Mit dem industriellen Auftreten eines Baustoffs ist diese Zwischenebene mit ihrem an den Seiten offenliegenden Wabenkern weder Wand noch Bild. Vielmehr verstärkt sie den grundsätzlich schichtweisen Aufbau von Umbergs Arbeiten hin zu einer gesteigerten Wahrnehmung. Exakt angeordnet und doch nicht statisch geht von der Gruppe unabhängiger Bilder ein Gravitationsfeld aus, in dem sich Zentrum und Peripherie im dauernden Prozess auszurichten scheinen. Ähnlich wie bei der vorausgegangenen Werkgruppe der Territorien, die ab 2007 entstanden, impliziert der mehrdeutige Titel bereits eine Prozesshaftigkeit sowie die räumliche Ausdehnung und ein aufeinander Verweisen der Raum- und Werkebenen, die vom Betrachter in erhöhter Wachsamkeit erfahren werden.
James Whites in schwarzweiß gehaltenen Gemälde werden in dieser Ausstellung erstmals in der Galerie präsentiert. Die Bilder zeigen Alltagssituationen und -objekte wie ein halb leeres Glas, eine spaltbreit offene Tür, einen laufenden Wasserhahn. Der in London lebende Künstler (geb. 1967) malt die spiegelnden Flächen seiner Motive kontrastreich und präzise in der Tradition des Stilllebens, bedient sich jedoch aktueller Materialien, Mittel filmischen Erzählens und Gegenständen unserer Konsumgesellschaft, die seine Praxis in der visuellen Kultur der Gegenwart verankern. Die Vorlagen seiner auf Aluminium, Holz und Acryl gemalten Werke sind Fotos aus Whites unmittelbarer Umgebung zuhause, in Bars oder Hotelzimmern. Die Gemälde dieser prosaischen Zwischenmomente scheinen von Handlungen oder Begegnungen zu zeugen, die sich gerade zuvor, im Anschluss oder außerhalb des Bildrahmens ereignen. Diese strukturierte Abwesenheit in den Bildern lässt einen mit Spannung und Ambiguität aufgeladenen Erzählraum entstehen, der das Verhältnis von Zeitlichkeit und Raum sowie die Rollen von Protagonist und Beobachter in Frage stellt. Während die wirklichkeitsgetreue Darstellung und das narrative Moment die Aufmerksamkeit von der Werkoberfläche weglenkt, verweist das Nebeneinanderstellen zweier unterschiedlicher oder versetzt aneinander montierter Bildteile innerhalb einiger Malereien auf Prozesse der Bearbeitung, des Zuschneidens. Die Präsentation der Bilder in Acrylkästen fügt eine Stufe reflektierender Distanz hinzu. Whites Fotoarbeiten von alltäglichen Raumdetails kombinieren hingegen Schwarzweißfotografien mit vermeintlichen Farbreflexen und Kollagen mit Aluminiumband, wodurch wiederum ihre eigene Konstruiertheit als Objekte hervorgehoben wird. Seine jüngsten Papierarbeiten sind bearbeitete Unikate großformatiger Pigmentdrucke. Diesmal erscheinen die charakteristischen Motive jedoch wie hinter einem Schleier, als schwebten sie hinter dem Raster eines Millimeterpapiers. Die Fläche wird unterbrochen und akzentuiert durch Linien aus Aluminiumklebeband und eingeschnittene Öffnungen, die gelbe Acrylfarbe unter ihnen sichtbar werden lassen. Der Projektionsraum bleibt nur mehr als Idee und die Untersuchung einer komplexen Dinglichkeit tritt in den Vordergrund.
So geht die Ausstellung Fragen von Oberfläche und Tiefe, Nähe und Distanz, Präsenz und Abwesenheit in den Bildern nach. Die augenscheinlich so gegensätzlichen Arbeiten der beiden Künstler untersuchen diese Spannungen auf vielfältige Weise nicht nur im Dialog miteinander, sondern loten sie konsequent auch im Gegenüber mit den Betrachtern im Raum immer wieder neu aus.