In der Reihe "Focus Albertinum" gilt das aktuelle Schlaglicht dem eigenen Bestand der "Kunst in der DDR".
Ein Querschnitt durch die Sammlungen ostdeutscher Malerei und Skulptur gibt – nach Ankaufsjahren geordnet – nicht nur einen spannenden Einblick in die Bestände, sondern auch in die wechselvolle Ankaufspolitik zu DDR-Zeiten und danach. Nie Gesehenes oder lang Vermisstes ist neu zu entdecken: Werke von Karl-Heinz Adler, Rudolf Bergander, Wieland Förster, Hubertus Giebe, Hermann Glöckner, Peter Graf, Werner Stötzer, Strawalde, Christine Schlegel, Petra Kasten, Harald Hakenbeck, Ernst Hassebrauk, Angela Hampel, Bernhard Heisig, Peter Herrmann, Hans Jüchser, Wolfgang Mattheuer, Theodor Rosenhauer, Werner Tübke, Willy Wolff, Walter Womacka und vielen anderen mehr vermitteln einen Eindruck von der Vielfalt der Kunst, die in der DDR entstand.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit gingen Werke in den Bestand der Dresdner Gemäldegalerie und der Skulpturensammlung ein, die allegorisierend die Folgen des Krieges thematisierten. Hierbei griffen die Künstlerinnen auf der Suche nach einer zeitgemäßen Kunst auf Ausdrucksformen der klassischen Moderne zurück oder führten diese fort. Nach der Gründung der DDR wurden diese Stilmittel bald als „formalistisch“ abgelehnt, es folgte die Verpflichtung auf den Sozialistischen Realismus. Die Bilder und Skulpturen, die in den 1960er-Jahren Einzug in die Sammlungen hielten, wurden zum Teil unter dem Zeichen des „Bitterfelder Weges“ geschaffen, der 1959 ausgerufen wurde, um Arbeiterinnen an die Kunst heranzuführen und die Trennung zwischen Kunst und Leben aufzuheben. Programmatische Bilder gelangten in das Albertinum, als beschlossen worden war, in der Gemäldegalerie Neue Meister eine Abteilung „Sozialistische Gegenwartskunst“ einzurichten – die darin gezeigten Kunstwerke sollten die Idee des Sozialistischen Realismus veranschaulichen, die ideale Gesellschaft im marxistisch-leninistischen Sinne zu gestalten. Ab den 1970er-Jahren zeigte sich in den Erwerbungen eine zunehmend größere Bandbreite an Bildmotiven und Malstilen. Landschaften und Porträts bildeten einen Schwerpunkt und auch private Alltagsszenerien kamen hinzu. Für die Skulpturensammlung brachte die im Albertinum veranstaltete Ausstellung „Junge Bildhauerkunst der DDR“ 1979 viele Neuzugänge weiterhin figürlicher Plastik und Skulptur. Die Ankäufe im Verlauf der 1980er Jahre verdeutlichen schließlich die Vielfalt von Stilen und Positionen einer jungen Künstlergeneration, die sich auf einer breiten Palette von Abstraktion bis zu einer farbintensiven, neoexpressionistischen Malerei bewegten.
Die gewählte Präsentationsform, welche die Werke chronologisch nach Ankaufsjahren ordnet, spiegelt so nicht nur die wechselhafte Ankaufspolitik zu DDR-Zeiten, sondern lädt auch dazu ein, die kanonbildende Macht des Museums generell kritisch zu hinterfragen – nicht nur zu DDR-Zeiten, sondern von den Anfängen des Museums bis heute. Kanon als Ergebnis immer auch subjektiver Kaufentscheidungen ist als zeitgebunden und damit temporär zu verstehen. So stehen am Ende der Präsentation einige Erwerbungswünsche, denn es gilt auch weiterhin, Lücken im Bestand „Kunst in der DDR“ zu schließen.