Die Zilberman Gallery Berlin freut sich, Some Descriptive Acts, die erste Berliner Einzelausstellung des Künstlers Simon Wachsmuth anzukündigen. Die Ausstellung findet in den Räumen der Zilberman Gallery in der Goethestraße statt und dauert vom 4. März bis zum 20. April 2017.
Der Ausstellungstitel verdankt sich Ludwig Wittgensteins Begriff der Beschreibung; ihm liegt die Vorstellung zugrunde, dass sich menschliche Verhaltensweisen nicht unmittelbar, sondern erst durch Erzählen erschließen. Die Ausstellung präsentiert vier verschiedene Werke Wachsmuths; sie spiegelt das langjährige Interesse des Künstlers an Beobachtung und Beschreibung wider und fragt, welche Gestalt Erinnerung und kulturelle (Re-)Konstruktionen von Geschichte annehmen können. Verschiedene Materialien wie Keramik, Porzellan, Stein und Textilien sind die Bausteine der visuellen Erzählung, zu der die Ausstellung ihre Besucher einlädt.
Im Zentrum steht hierbei Wachsmuths Video Qing, das eine mit traditionellen chinesischen Seidengewändern und Porzellan interagierende Tänzerin zeigt. Die Arbeit geht zurück auf eine persönliche Geschichte und kreist um die Idee einer Migration von Gesten, wie sie sich aus der Situation von Einwanderern ergibt, die aus dem Land ihrer Herkunft nur das physische Wissen mitnehmen, das Teil ihres kulturellen Erbes ist. Vor dem Hintergrund des gleichzeitig gezeigten Archivmaterials experimentiert Qing mit Weisen des Erzählens und Bedeutens, die die Vermutung nahelegen, dass antike Formen und Zeichen bis in die Gegenwart hineinreichen.
Die Fotoserie Signaturen konfrontiert den Betrachter mit den Namen, die Reisende und Besucher in die Steine des von König Xerxes errichteten Tors aller Länder im iranischen Persepolis eingeritzt haben. Die Fotos deuten diesen Akt des Besitzergreifens als eine Geste, mit der das Recht auf Nutzung und Ausbeutung legitimiert werden soll. Auf diese Weise machen sie deutlich, dass die Archäologie immer auch politischen Interessen dient(e). In engem Zusammenhang damit steht eine andere Werkgruppe von Fotografien, In Dialogue Form: ein Triptychon christlicher Ikonen aus Kappadokien, deren Gesichter ausgekratzt worden sind. Diese Arbeit zeigt eine andere Art gewalttätiger Umwidmung, wie es sie im Laufe der Geschichte immer wieder gegeben hat: den Ikonoklasmus. In beiden Fällen bewahrt das jeweilige Trägermaterial die Erinnerung an die Einschreibungen auf, die an ihm vollzogen wurden – der historische Bericht wird hier zu einem dynamischen Prozess.
Auch die Serie Master of the Nets – The Kochi Tiles hat die Bewegung von Formen in Raum und Zeit zum Gegenstand. Sie zeigt chinesische Kacheln aus dem siebzehnten Jahrhundert, auf die Wachsmuth in einer Synagoge im indischen Kochi stieß. Im Licht dieser Entdeckung thematisiert der Künstler, in welchem Verhältnis Wiederholung und Einzigartigkeit zu einem gemeinsamen oder verschiedenartigen kulturellen Erbe stehen.
Den in Some Descriptive Acts gezeigten Arbeiten ist gmeinsam, dass sie Geschichtsschreibung, Archäologie und deren unvermeidliche Subjektivität in Frage stellen.
Simon Wachsmuth (geboren 1964 in Hamburg) lebt und arbeitet in Berlin und Wien. Er studierte Malerei und visuelle Mediengestaltung an der Universität für angewandte Kunst Wien. Es folgten Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland an renommierten Institutionen: steirischer herbst/Kunsthaus Graz (2016), Suzhou Museum of Art (China, 2016), Neues Museum Nürnberg (2016), 21er Haus in Wien (2015), Busan Biennale (South Korea, 2012), Museu Reina Sofia in Madrid (2010), Istanbul Biennial (2009) und documenta12 (Kassel, 2007). Zu den ihm verliehenen Auszeichnungen gehören der Otto-Mauer-Preis (2003), der Prix Ars Electronica (1989) und in jüngster Zeit der Marta-Preis der Wemhöner-Stiftung in Herford. Wachsmuth war Gastprofessor an der Universität für angewandte Kunst Wien, der Akademie der Bildenden Künste in Prag und derzeit an der Bauhaus-Universität in Weimar.
Zur Ausstellung Some Descriptive Acts erscheint ein Katalog mit einem Vorwort von Lotte Laub und Texten von Naz Cuguoglu, Karin Gludovatz und Göksu Kunak. Ein Gespräch mit Simon Wachsmuth wird in der Galerie statt. Das Datum wird noch bekannt gegeben.