Zilberman | Berlin, freut sich, die Ausstellung Apocrypha des in Istanbul lebenden Künstlers Alpin Arda Bağcık anzukündigen. Die Eröffnung findet am 21. November um 18 Uhr statt und die Presse Vorschau um 11 Uhr.
Alpin Arda Bağcık hinterfragt in seinen Arbeiten die Wahrheit der Wissensproduktion, insbesondere die in den Medien zirkulierenden Bilder und die sie umgebenden Mythen oder Verschwörungstheorien. Seine Bilder sind inspiriert von zentralen Momenten der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Solche historischen Momente sind oftmals die treibende Kraft hinter seinen Gemälden; Bağcık verweist aber auch auf die betäubende Wirkung der Medien im 21. Jahrhundert. Daher benennt er seine Werke nach Neuroleptika und Antihistaminen wie Zopiclon, Methylphenidat, Imovane oder Ritalin.
Der Theoretiker Jean Baudrillard schreibt in seinem Buch La guerre du Golfe n‘a pas eu lieu (Der Golfkrieg hat nicht stattgefunden) von der Wirkmacht der Propagandabilder. Während des ersten Golfkriegs, so seine These, erzeugten die stilisierten (Misre-)Präsentationen der Medien ein Simulakrum des Krieges, ein wirklichkeitsfernes Videospiel. Ähnlich verfährt Bağcık in Apocrypha, wo er sich auf den Begriff der Post-Wahrheit sowie auf Erzählungen wie die von der Weltherrschaft konzentriert – etwa auf die Behauptung, es gebe eine einzige totalitäre Autorität, die die Macht innehat. Mit dem Begriff „Apokryphen“, den er von seiner biblischen Bedeutung loslöst, spielt der Künstler auf die Verzerrung und Manipulation von Wörtern und Bildern bis zu deren völliger Bedeutungslosigkeit an.
Das Oxford Dictionary hat den Begriff „post-truth“ 2016 zum internationalen Wort des Jahres gewählt; er wurde adjektivisch als „post-faktisch“ ins Deutsche übersetzt und bezieht sich auf „Umstände, unter denen die öffentliche Meinung weniger von objektiven Tatsachen als von Appelle an Gefühle und persönliche Überzeugungen gelenkt wird.“ 2015 posierte der syrische Flüchtling Anas Modamani für ein Selfie mit Angela Merkel. Infolge gefälschter Berichte, die über die sozialen Medien verbreitet und in denen behauptet wurde, Modamani sei mit dem IS verbunden, wurde das Bild anschließend gegen die Kanzlerin verwendet. Im Medazepam (2019) erinnert Bağcık uns an die Fragilität und Absurdität der Geschichten um die Bilder, die in den sozialen Medien zirkulieren. Im Künstlerbuch Diazem (2019) nimmt sich der Künstler falsche Nachrichten aus den türkischen Medien vor, mit denen bestimmte Verschwörungstheorien oder Weltanschauungen konstruiert oder intensiviert wurden.
Sei es die „Neue Weltordnung“ oder die Figur des Antichristen: Solche Szenarien führen zu falschen Darstellungen der Wirklichkeit. In den monochromen Gemäldeserien setzt sich der Künstler mit der starken Überzeugung auseinander, es seien bestimmte Verschwörungen im Gange. Das (barock anmutende) Gemälde Amitriptilin (2019), das an eine Art kultische Veranstaltung erinnert, zeigt die führenden Persönlichkeiten der Welt bei einem Treffen: Körper, die auf zeitgenössische Figuren verweisen, versammeln sich um einen glitzernden Globus, auf den einige von ihnen ihre Hände legen. Ihre Blicke gehen in alle möglichen Richtungen, kommunizieren aber nicht miteinander.