Zilberman Gallery, Berlin freut sich, die Ausstellung A Rectilinear Propagation of Thought von Heba Y. Amin anzukündigen.
Die erste dokumentierte Fotografie auf dem afrikanischen Kontinent entstand am 7. November 1839, drei Monate nachdem in Frankreich die Daguerreotypie-Kamera erfunden worden war. Sie zeigt die Außenansicht von Muhammad Ali Paschas Palastharem in Alexandria und stammt von dem französischen Maler Horace Vernet. Obwohl das Bild selber nichts Erotisches hatte, entfachte sich an seinem als pikant wahrgenommenen Motiv die Fantasie der französischen Betrachter – und zwar derart, dass es in Paris zu einer Sensation wurde.
Heba Y. Amins Ausstellung A Rectilinear Propagation of Thought (Eine rechtlinige Verbreitung des Denkens) befasst sich damit, wie die koloniale Fantasie verletzliche Körper, insbesondere die von Frauen, durch den eindringenden Blick optischer Instrumente objektivierte. Die gezeigten Kunstwerke erinnern an die Funktion von Herrschaftsmechanismen und an die Kontrolle, die durch Methoden der Landvermessung und durch Überwachungssysteme ausgeübt wurde und wird. Auf diese Weise hinterfragt die Ausstellung die Politik der Technik, wie sie zumal auf dem afrikanischen Kontinent praktiziert wird, und untersucht, wie sehr die Funktionen des Beobachtens auf technische Vermittlung angewiesen sind. Der Titel A Rectilinear Propagation of Thought spielt auf eines der Grundgesetze geometrischer Optik an – nämlich auf jenes, das erklärt, wie unser Sehen funktioniert; es geht auf die Philosophie der Wahrnehmung des mittelalterlichen arabischen Gelehrten Alhazen zurück, die hier als Grundlage dafür dient, Sehgewohnheiten und Machtpositionen zu hinterfragen.
Mit der Ausstellung setzt die Künstlerin ihr 2014 begonnenes Projekt The Earth is an Imperfect Ellipsoid (Die Erde ist ein unvollkommenes Ellipsoid) fort, bei dem das Buch der Straßen und Königreiche (Kitab al-Masalik wal-Mamalik) des andalusischen Geografen al-Bakri aus dem elften Jahrhundert Pate steht. Es enthält die erste umfassende Beschreibung der wichtigsten westafrikanischen Handelsrouten des islamischen Reichs. Anders als al-Bakri, der selber nie in Westafrika war, unternahm Heba Y. Amin eine fünfmonatige Reise über die von dem Autor beschriebenen Routen, wobei ihr die Fragmente des Buchs als Reiseführer dienten. Das Projekt versteht sich als kritische Auseinandersetzung mit den Berichten von Kaufleuten, Händlern und Reisenden, deren Landschaftsschilderungen geprägt sind durch explizit sexuelle Beschreibungen der Frauen, die ihnen begegnen.