Wie werden Designprodukte in Szene gesetzt? Wie arbeiten Designer * innen, Fotograf * innen, Grafiker * innen und Unternehmen zusammen? Seit wann gibt es grafische und fotografische Werbung?
Wie kaum eine andere ermöglicht die Sammlung des Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) eine Gegenüberstellung von Designobjekten und ihrer Inszenierung in Grafik und Produktfotografie. Die Ausstellung Hello image. Die inszenierung der dinge setzt sich mit der kreativen Zusammenarbeit verschiedener Akteur*innen aus den Bereichen Design, Fotografie und Grafik auseinander und präsentiert die Gestaltung der Produkte und deren in Szene gesetztes Image aus unterschiedlichen Perspektiven. Rund 20 Fallstudien veranschaulichen beispielhafte Geschichten des Produkt- und Werbedesigns von den Anfängen des 20. Jahrhunderts bis heute.

Zu sehen sind unter anderem Designklassiker wie die Bauhaus Leuchte von Wilhelm Wagenfeld und die Reiseschreibmaschine „Valentine“ von Ettore Sottsass und Perry A. King. Ikonen der Mode wie der Daunenmantel „Duvet Coat“ von Martin Margiela und ein elegantes Kleid von Issey Miyake mit der charakteristischen, unregelmäßig plissierten Oberfläche sind ebenso vertreten wie bekannte Fotoserien von Lucia Moholy und Juergen Teller sowie zentrale Grafikarbeiten von Giovanni Pintori und Otl Aicher. Die Ausstellung präsentiert zudem spannende Entdeckungen, darunter Werke der Zeichnerin Lora Lamm, der Designer*innen Margarete Jahny und Erich Müller, der Fotografin Ingeborg Krach Rams und des Grafikers Wolfgang Schmidt.

Kapitel der ausstellung

Unter dem Motto Grafische Gestaltung oder Fotografie? wird der historische Umbruch von Typografie und Grafik zur Fotografie in der Werbung am Beispiel der Firma Kaffee Haag deutlich. Bis 1925 prägte die grafische Gestaltung von Alfred Runge und Eduard Scotland das Image der Marke. Durch die Zusammenarbeit mit Albert Renger Patzsch setzte Kaffee Haag mit einem der bekanntesten Fotografen seiner Zeit auf das neue Medium Werbefotografie.

Das Kapitel Eine neue Form finden verfolgt die Entwicklung der Gestaltung durch neue Materialien wie Glas und Metall etwa in den Entwürfen von Wilhelm Wagenfeld und Marianne Brandt und die damit verbundene sachliche Formensprache von den 1920er Jahren bis in die Nachkriegszeit. In der Fotografie wird diese neue Klarheit der Form von Fotografen wie Albert Renger-Patzsch und Hans Finsler gefeiert. Besonders deutlich wird dies mit dem Einzug des Laborporzellans in das Haushaltsporzellan, dessen schlichte Formen zum Beispiel in den Entwürfen von Marguerite Friedlaender auftaucht. Auch in der Nachkriegszeit setzte die sogenannte Gute form“auf eine Gestaltung ohne Schnörkel.

Das Thema Ein markenbild prägen stellt bekannte Traditionsunternehmen wie Pelikan, Olivetti oder Pirelli als Auftraggeber vor, die viele kreative Kooperationen initiiert haben. Bekannt für seine Schreibmaschinen, arbeitete der italienische Hersteller Olivetti lange mit festangestellten Gestalter*innen zusammen und gründete eine große Werbeabteilung, die mit Kampagnen und Verpackungsdesign einen ganzheitlichen Auftritt schuf. In den 1950er Jahren prägte insbesondere der Industriedesigner Marcello Nizzoli und der Grafiker Giovanni Pintori das Erscheinungsbild. Ergänzt wurde dieses Firmenimage durch die zeitgemäße Architektur der Produktionsstätten und die Einrichtung der Olivetti-Geschäfte.

Das Kapitel Das Politische und Provokation als Werbestrategie beleuchtet den Ansatz, bei dem Werbung gezielt mit Inhalten oder Aussagen provoziert und Stellung bezieht. Die auf Diversität setzende Kampagne von Doyle Dane Bernbach für das jüdische Lebensmittelunternehmen Levy’s (1967) aus New York gilt ebenso als Beispiel wie die umstrittenen Benetton-Kampagnen des Fotografen Oliviero Toscani: In den 1980er und 1990er Jahren regte er mit Themen wie Umweltschutz, Rassismus oder HIV zum Nachdenken an.

Im Themenbereich Künstler * innen arbeiten angewandt steht das wechselseitige Interesse von Künstler*innen an Design im Vordergrund. Die Kooperation des Modeschöpfers Martin Margiela mit der Künstlerin Marina Faust sowie die Zusammenarbeit des Labels JW Anderson mit den Keramikerinnen Magdalene Odundo und Shawanda Corbett und dem einflussreichen Fotografen Juergen Teller stehen beispielhaft für diese Arbeitsweise. Wie in keinem anderen Themenbereich wird die gegenseitige Inspiration und Wertschätzung deutlich.

Das Kapitel Dialoge fokussiert auf langjährige, oftmals auf persönlicher Verbundenheit und gemeinsamen Interessen beruhende Zusammenarbeiten von Kreativen. Elf Jahre lang arbeiteten der Modedesigner Issey Miyake und der Fotograf Irving Penn in einem stummen Dialog und intensivem Austausch miteinander. Miyake verwendete den japanischen Ausdruck A un, um seiner seit dem Studium anhaltenden Bewunderung für Irving Penn Ausdruck zu verleihen, was so viel heißt wie „zwei Menschen, die gemeinsam atmen“. Beide interessieren sich für eine Materialität, die mit einer Ästhetik der Schlichtheit arbeitet und sich unter anderem gegen konventionelle Vorstellungen von Luxus und Status richtet. Geometrische Formen sind für Miyakes Schnitte wie für Penns Bildanordnungen bestimmend.

In den späten 1980er und führen 1990er Jahren rückte die Selbstinszenierung von Designer * innen zunehmend in den Vordergrund. Die Persönlichkeiten entwickelten sich zu eigentlichen Stars der Inszenierung in Werbekampagnen. Das Unternehmen Rasch Tapeten verzichtete zum Beispiel vollständig auf das zu bewerbende Produkt und stellte stattdessen bekannte Architekt * innen und Designer*innen mit ihrem Möbel vor eine weiße Wand – „Was fehlt ist die Tapete von Rasch.“, so der Werbeslogan.

Der Bereich Neue Werkzeuge, neue Fotograf * innen betrachtet aktuelle Tendenzen der Inszenierung, die in Sozialen Medien wie Instagram allgegenwärtig sind. Dort wird auf die Street credibility der Influencer * innen gesetzt, die der Inszenierung durch ihren Einfluss scheinbar demokratische Züge verleiht. Mit der Mayday (1999) schuf der Produktdesigner Konstantin Grcic beispielsweise eine multifunktionale Leuchte, die heute als Gebrauchsobjekt in vielen Wohnungen zu finden ist. Während der Hersteller Flos die Leuchte schlicht vor freigestelltem Hintergrund inszeniert, verschafft die Journalistin Jasmin Jouhar der Mayday ein individuelles Image: Sie sammelt Bilder der Leuchte in privaten.