Hauser & Wirth freut sich, mit David Zink Yis Ausstellung ‘Rare Earths’ neue Keramikarbeiten des Künstlers zu präsentieren. Die Ausstellung umfasst vollkommen neue Werkgruppen, die die intuitive und direkte Arbeitsweise Zink Yis veranschaulichen. Gemeinsamer Ausgangspunkt der ausgestellten Werke, die eine Abwendung von der Figuration früherer Skulpturen darstellen, ist die prozessbezogene Abstraktion und das alchemistische Potenzial, das den verwendeten Materialien innewohnt.
David Zink Yi ist ein Multimedia-Künstler par excellence. Er arbeitet mit Film, Installation, Performance, Bildhauerei, Keramik und in erweitertem Sinne (etwa in Form von Glasuren und Drucken) auch mit Malerei, was scheinbar immer wieder in ganz neuen Ausdrucksformen und Themen mündet. Dennoch zieht sich ein unsichtbarer roter Faden durch sein Werk: Das Interesse am Prozess, am Entstehen und an den organischen Zusammenhängen der Dinge, denen so eine überaus sinnliche, intuitive Komponente eingeschrieben wird. Egal ob Landschaftsaufnahmen, Jazzmusik oder Keramik: Zink Yis Werke gehen letztendlich immer auf die Arbeit mit den Händen zurück – auf das Verhältnis des Körpers zum Objekt, das Spiel des Geistes mit der Fantasie.
Dieser direkte, unerschrockene Umgang mit Material hat seine Wurzeln in Zink Yis Herkunft. Geboren 1973 in Lima, Peru, wuchs er mit einem chinesischen Grossvater auf, der eine Gerberei betrieb und zudem eine eindrückliche Sammlung chinesischer Keramik bei sich zu Hause hatte, die Zink Yi als Kind stark faszinierte. Sein anderer Grossvater stammte ursprünglich aus Deutschland und war Fassmacher, der sich für Zuhause seine Möbel selbst baute. Zink Yi selbst zog es zum Studium nach Deutschland, wo er erst eine Ausbildung zum Koch machte, dann in München Holzbildhauerei und schliesslich in Berlin Bildende Kunst studierte. In einem familiären Umfeld gross zu werden, das von Handwerk und von verschiedenen Kulturen geprägt ist, hat sich auf Zink Yis Selbstverständnis als Künstler ausgewirkt: Ein gewisser Eklektizismus ist seinem Werk nicht nur inhärent – er ist der Nährboden, auf dem er es mit Geduld, Neugier und Lust am Experiment mit Formen, Farben und Materialien stetig weiterentwickelt.
Innerhalb dieses Grundprinzips ist die aktuelle Ausstellung bei Hauser & Wirth Zürich ein ganz neuer Schritt. In seinem Berliner Atelier ermöglicht dem Künstler ein grosser Brennofen für Keramik die eigene Gestaltung von handlichen bis hin zu überlebensgrossen Objekten. So ist eine Reihe spielerischer, schleifenartiger Formen aus dunklem Steingut entstanden, die Zink Yi auf der grossen Fensterfront der Galerie platziert hat. Diese Formen tragen den Titel ‘Garabato’, das auf Spanisch soviel wie Gekritzel bedeutet. Sie wirken wie unbestimmbare Tiere, Wesen oder Pflanzen, die sich von der transparenten Fläche abheben wie abstrakte Zeichnungen auf Papier. Zugleich evoziert ihr skulpturaler Charakter das schlichte Vokabular des Postminimalismus, wobei ihre handwerkliche Komponente offensichtlich ist.
Eine Art von sanftem Minimalismus begegnet uns auch im Raum selbst auf Augenhöhe, in einer Gruppe von Stelen aus verschiedenfarbigem, gebranntem Steingut: Ihre Formen speisen sich aus Grundrissen von Hochhäusern in Hong Kong. Imperfektionen, die dem Brennprozess geschuldet sind, verleihen den Skulpturen einen anthropomorphen Touch, ja geradezu eine gespenstische Präsenz. Diese Anmutung setzt sich in den vielfältig glasierten, aus kleinen Tonfragmenten kombinierten Keramiken fort: In ihren expressiv-organischen Formen und leuchtenden Farben wirken sie sehr viel freier und figürlicher – wie Geister, deren Körper in der Bewegung festgehalten sind. Beide Werkgruppen verströmen etwas Offenes, Rohes und bewusst Unfertiges: Bei den ‘Geistern’ schimmert der nackte Ton durch, die ‘Hochhäuser’ mit ihren porösen Oberflächenstrukturen und schiefen Formen könnten genauso gut noch feucht sein. Eine Vielzahl handlicher, länglicher, ebenfalls farbig glasierter Skulpturen rundet dieses Spiel ab (‘All My Colours’): In Reihen auf die Wand gesetzt, bilden sie ein abstraktes, seriell gegliedertes Relief, erinnern aber zugleich auch an Proben für Material und Glasur oder ganz einfach an Fische, Nacktschnecken oder anderes Meeresgetier.
Es ist nur scheinbar ein enigmatisches Ensemble, das Zink Yi für seine Ausstellung komponiert hat. Tatsächlich vermittelt jedes Einzelteil darin einen Klang, der seinen Teil zu dem Sound dieses maritim-minimalistischen Assoziationsgefüges beiträgt. Dabei lässt der Zufall, der die Objekte bei ihrer Entstehung mitgeformt hat, den Charakter ihres Zusammenspiels offen. Komposition ist nichts, was Zink Yi von vornherein festlegt. Wie ein Jazzmusiker entlockt er dem Material seine Möglichkeiten – und den Gedanken ihre Vorstellungskraft.
Das Werk des in Berlin lebenden Künstlers David Zink Yi umkreist Themen des Schöpferischen, des Ausdrucks und der Identitätskonstruktion. Der 1973 in Lima geborene Zink Yi kam im Alter von 16 Jahren aus Peru nach Deutschland. Vor dem Hintergrund dieser persönlichen Erfahrung setzt sich der Künstler mit den komplexen Aspekten der Identitätskonstruktion auseinander, und zwar in den unterschiedlichsten Disziplinen – von Film und Fotografie über Bildhauerei, Performance und Keramikarbeiten bis zu Mehrkanal-Videoinstallationen –, welche allesamt sowohl die Wechselbeziehungen der Protagonisten wie die physiologischen Aspekte der musikalischen Wahrnehmung betonen.
Einzelausstellungen der letzten Jahre: ‘Carlone Contemporary’, Belvedere, Wien, Österreich (2018); ‘Being the Measure’, Williams College Museum of Art, Williamstown MA, USA (2016); Charles H. Scott Gallery, Vancouver, Kanada (2015); ‘Why Am I Here And Not Elsewhere – Independencia II’, Kunstverein Braunschweig, Braunschweig, Deutschland (2013) und Hauser & Wirth Zürich, Schweiz (2013); n.b.k. Neuer Berliner Kunstverein, Berlin, Deutschland (2012); ‘Horror Vacui’, Midway Contemporary Art, Minneapolis MN, USA (2011). Die Werke des Künstlers waren ausserdem in zahlreichen Gruppenausstellungen und Biennalen in den USA, in Europa und Lateinamerika zu sehen.