Die Verhältnisse, die die Materialkombinationen in Michael Kienzers Werk ausmachen, die wechselnden Relationen, sind schließlich auch das Motiv der zentralen Installation Flyer. In einem eigenen Raum bewegen sich BesucherInnen durch Skulpturen aus Blechtafeln, die aus zwei, drei oder vier Teilen bestehen und geknickt und gefaltet sind. Die aufgrund der feinen Schattierungen der Knicke an Papier erinnernden Bleche sind zu überdimensionalen Flugblätter, Broschüren oder Einladungskarten zusammengestellt und werden in dieser Form lediglich von Gewindestangen und Magneten zusammengehalten. Die Titel der Objekte lauten beispielsweise Signalorange/Beigerot (Flyer 2-teilig), Türkisblau/Rapsgelb/Zinkgelb (Flyer 3-teilig), Kobaltblau/Zinkgelb/Blaulila/Weißgrün (Flyer 4-teilig), Lichtgrün/Orientrot/Orientrot (Flyer 3-teilig), Weißgrün/Signalviolett (Flyer 2-teilig). Sie beschreiben das, was BesucherInnen in der Ausstellung zu sehen bekommen: Farbe in Reinkultur und Farbe im Zusammenhang mit anderen Farben, Farbe im Verhältnis zu Form, Farbe im Verhältnis zu Material, Farbe im Verhältnis zum Ausstellungsraum – eine ganze Farbenlehre breitet sich vor einem aus, wenn man sich darauf einlässt. Franz Thalmair, Michael Kienzer, Artforum, November 2018, Seite 254
Die Ausstellung grau und farbig in der Galerie Elisabeth & Klaus Thoman Wien 2018 erlebte eine intensive Presse-Rezeption und verschaffte Michael Kienzer verstärkt internationale Aufmerksamkeit. Nach mehr als einem Dutzend Ausstellungen und gemeinsamen Projekten mit dem Künstler zeigt die Galerie Elisabeth & Klaus Thoman Innsbruck neue, teils eigens für diesen Anlass konzipierte Arbeiten. Die Serie Flyer steht erneut im Zentrum unserer nächsten Ausstellung. Weiterentwickelt in Form und Dimensionen, zeigt Michael Kienzer raumgreifende Skulpturen, die dabei aber keinesfalls ihre Fragilität und Momenthaftigkeit einbüßen. Im Gegenteil, die Spannung zwischen massiver Materialität und spielerischer Leichtigkeit im Erscheinungsbild wird noch verstärkt. Erweitert wird das Ausstellungskonzept mit kleinteiligen Skulpturen. Organisch anmutende Gebilde, die in ihrer amorphen Haptik weich und flexibel erscheint, verlocken zum Berühren und Verformen, sind aber aus massivem Metall gefertigt. Nur vordergründig bildhaft-dekorativ sind Kienzers Collagen, aus verschiedenartigen Materialien bzw. Bedeutungsträgern raffiniert geschichtet. Auch hier ist, wie so oft in seiner Kunst, für Kienzer der Gegensatz entscheidend, zwischen Anziehung und Distanz, Ordnung und Chaos, Funktion und Dysfunktion, Offenheit und Geschlossenheit und diverse Konstellationen des Tragens und Lastens.
Michael Kienzer 1962 geboren in Steyr, 2001 Otto-Mauer-Preis, 2012 Österreichischer Kunstpreis – Bildende Kunst, 2013 Anerkannt. Etabliert. Angekommen. Art Austria Award, lebt und arbeitet in Wien; Seit 1984 zahlreiche internationale Ausstellungen und Projekte im öffentlichen Raum: 2005 Neue Immobilien MAK Wien, 2007 Vor Ort Museum für Gegenwartskunst Stift Admont, 2009 Out site_02 MUMOK Wien, 2010 Malerei: Prozess und Expansion MUMOK Wien, 2010 Triennale Linz, 2010 Linea Kunsthaus Zug, 2011 Fünf Räume Austrian Cultural Forum New York, 2011 54. Biennale di Venezia Glasstress Palazzo Cavalli Franchetti, 2012 Logik und Eigensinn Kunsthaus Graz, 2014 Gironcoli + Kienzer Galerie Elisabeth & Klaus Thoman Innsbruck, 2016 24 von 274.668 Tagen Klangraum Krems Minoritenkirche, 2016 ABSTRAKT – SPATIAL. Malerei im Raum Kunsthalle Krems, 2016 The Body Extended: Sculpture and Prosthetics Henry Moore Institute Leeds, 2017 Lose Dichte Gerhard-Marcks-Haus Bremen, 2017 Lärm und Linien Kunsthaus Zug, 2018 grau und farbig Galerie Elisabeth & Klaus Thoman Wien, 2019 Zu viel ist nicht genug! Die Schenkung "Sammlung Atelier" Universalmuseum Joanneum Graz, 2019 Austrian Secrets The Galaxy Museum of Contemporary Art Chongqing China.