Daniel Marzona freut sich mit FASERN die zweite Einzelausstellung mit Arbeiten von Olaf Holzapfel anzukündigen.
Holzapfel beschäftigt sich seit zehn Jahren vertieft mit natürlichem Material und Raum. In der Ausstellung zeigen wir neue Strohbilder und eine Arbeit aus Reet. Eine Faser ist der kleinste Teil natürlicher pflanzlicher Stoffe. In ihrer wiederholten Anordnung prägen die Fasern die Organisation und Erscheinungsform der Materialbilder und Skulpturen. In Holzapfels Bildern spielen Licht, Farbe, tatsächliche und illusionistische Bildräumlichkeit eine zentrale Rolle. Die Bilder suchen den Riß zwischen Abbild und Abgebildeten zu überwinden und beschreiben direkt, was sie sind. Sie sind somit mimetisch und dennoch völlig gegenstandslos und eröffnen gleichsam Räume, die vom konkreten Material ausgehen. Beim Betrachten wechselt man ständig die Perspektive: Sehen wir Material oder einen Bildraum? Das ist auch durchaus ein zentrales Anliegen des Künstlers, der das ‘dazwischen sein’ schon in seinem Beitrag zur Documenta 14 “ZAUN“ ausformulierte. Auch die Skulptur „Mantel“, die einzelne Schilfrohrbündel zu einer gebogenen Wand schichtet, führt den Gedanken der Arbeit „ZAUN“ weiter. In der gleichzeitigen Betonung von Material, Sprache, Information und medialer Reflektion spielt hierbei nicht nur das Sichtbare eine Rolle, sondern auch das Erspüren der Gleichzeitigkeit verschiedenster medialer Räume – Exformationen und Informationen in einer von Daten getriebenen Welt.
In einem Text zu Karl Heinz Adler beschrieb der Künstler den Barock als Aufbruch in die Moderne, der sich in Romantik und Klassizismus verzweigt und als moderne Form das Fließende der verschiedenen Dinge zwischen Technik und Natur vereint. Da wir fortlaufend in diesen Prozessen aus Teilen gefangen sind, wird das, was wir im Hier und Jetzt empfinden, auch immer weiter verzweigt. So zeigen und beschreiben die von Holzapfel gewählten Materialien Stroh, Holz, Reet und Heu einerseits die Permanenz des sich Aufteilens und auseinander Hervorgehens als immer wiederkehrenden natürlichen Prozess.
Im Titel der Ausstelung ‘Fasern’ klingen darüber hinaus Assoziationen zu Aus-gefranstem, Aufgetrennten, und zu etwas, das zerfasert und in seine Bestandteile auseinanderfällt oder sich aus diesen zusammensetzt, an. Die natürlichen Materialien spiegeln historisch eine atomistische Perspektive, die seit Lukrez und den Naturforschern des 18. Jh. zur europäischen Aufklärung gehört. Aus dieser Perspektive kann die Romantik auch als eine Reflektion der frühen Phase der Industrialisierung gelesen werden, die die Natur als ein durchdringendes Ereignis begriff und beispielsweise Wetterphänomene oder Farbe wie bei Runge oder C.D. Friedrich direkt mit der Naturwissenschaft verband. In der späteren Weltwahrnehmung, die spätestens seit den kybernetischen Modellen in der zweiten Hälfte des 20 Jh. u.a. durch Heinz von Foerster entwickelt wurde, wird Natur dann zu Information und Modell. Ihre Sprache kommt aber direkt aus dem Material. Indem Holzapfels Arbeiten diese Sprache erklingen lässt, stoßen seine materialbezogenen Arbeiten auch ein verändertes Umweltbewußtsein an und eröffnen ihre politische Dimension. Im Einklang mit der Land Art fordern sie – ohne agitatorisch zu sein – eine respektvolle Haltung gegenüber der Umwelt ein. Ausgehend von dieser Haltung erscheint das Verhältnis der medial geprägten Stadträume und der sie umgebenden Landschaften neu bestimmbar.