Ölteppiche und Plastikmeere, Giftgasbomben und Luftangriffe, Datendiebstahl und Überwachung – die Welt geht unter und wir schauen zu. Die Zukunft? Ein düsteres Szenario. In dieser dystopischen Gesamtstimmung setzt Martin Eders neue Serie von Gemälden an. Als Gegenentwurf zum optimistischen, wenn auch realitätsfernen Nicht-Ort der Utopie ist seine Dystopie längst eingetreten, still und subversiv hat sie seine Bildwelt eingenommen. Das Düstere zeigt sich nicht als schwarze Apokalypse, nicht als Zerstörung oder Fegefeuer, sondern verbirgt sich im violetten Himmel, in Neonröhren und Ruinen aus Beton, in Autowracks statt toter Natur.
Aus Stilmitteln und Motiven dystopischer Fiktion – ob Orwells 1984 oder Matrix – schafft Martin Eder ein Gefühl, ein Licht, in das er seine Bilder taucht. Es changiert zwischen Isolation und Repression, zwischen unbefriedigten Hoffnungen und Frustration, Vereinzelung und Zerfall. Doch wo der Titel Szenen der Grausamkeit, von Hässlichkeit und Hass erwarten lässt, erscheint das Schöne im Untergang, ein kurzer Blitz aus der trüben Oberfläche, die Blumen des Bösen.
In dieser Dystopie sind Martin Eders Protagonistinnen ausgesetzt, vereinsamt und allein in einer undurchlässigen Umgebung. Nicht kampflos haben sie sich ihrem Schicksal ergeben, doch am Ende fehlt die Kraft zur Rebellion. An der Schwelle zwischen dem Jetzt und einer imaginierten Traumwelt dämmern sie dahin, abwesend, inszeniert, teilnahmslose Requisiten eines Fashion-Shoots. Gescheitert an den eigenen Ambitionen, wie die Betongebäude, in denen sie sich bewegen. Als dysfunktionale Utopie verschrien werden diese zur Kulisse der eigentlichen Dystopie, die wir selbst erschaffen haben. Freiwillig geben wir uns ihr hin, lassen Algorithmen über unsere Wahrnehmung entscheiden und Bots die Diskussion führen, legen unsere Rechte in unsichtbare Hände, eine stillschweigende Zustimmung zur feindlichen Übernahme. Zu anstrengend ist das Anzweifeln, zu verlockend das Versprechen. Die Geister der Zukunft, nicht der Vergangenheit haben Überhand genommen, als gespensterhafte Hüllen einstiger Individualität schleichen sie durch die Welt, leer und ferngesteuert, bloß nicht auffallen oder laut sein. Die einzige Kommunikation findet mit dem eigenen Spiegelbild statt, vereinzelt leisten Schlangen Gesellschaft, die als Botschafter zwischen den Welten gleiten. Symbolträchtige Wesen, in denen das Böse, Teuflische und Heimtückische genauso steckt wie Verführung, Heilung und Weisheit. Als wollten sie den Weg weisen, raus aus der Vergangenheit der Natur und hinein in die Verheißungen einer digitalen Zukunft, geblendet vom Zauber der Dystopie, in Richtung der Schatten, die diese längst vorausgeworfen hat.