Unser Alltag ist gestaltet durch Routinen in der Interaktion mit Menschen, Dingen, Räumen und Begrifflichkeiten, die uns umgeben. „Wie man etwas macht“, wird Gewohnheit und Selbstverständlichkeit. Der Studiengang space&designSTRATEGIES der Kunstuniversität Linz nimmt diese radikalen Routinen unter die Lupe und untersucht, wie Alltag produziert wird. Dazu besetzt er in einer dreiteiligen Workshop-Residenz das Kunstgewerbemuseum als Forschungsraum voll „alltagsabgetrennter Gegenstände“.
Kann man Alltag sehen? Kann man ihn ausstellen? Und wieso will man das tun? Eine Vitrinenstruktur wird von einem langen Tisch durchbrochen – er erlaubt sich an ihn zu setzten, vorausgesetzt man organisiert sich einen Stuhl. Forschungsthemen von space&designSTRATEGIES-Studierenden der Kunstuniversität Linz werden über Objekte in den Vitrinen einerseits, über Videos, sowie Lifestyle Magazines in einer Sitzecke andererseits thematisiert. Der Nachhall des performativen Vortrags von Prof. Ton Matton, der die Präsentation seines im Jovis Verlag erschienenen Buches „Zweifel“ darstellte, ist weiterhin sichtbar. Damit eröffnete am 10. März 2019 der Studiengang den ersten Ausstellungsaufbau der dreiteiligen Workshop-Residenz im Kunstgewerbemuseum und lud die Gäste auf einen Diskurs über die Produktion des Alltags bei Tee und Eierkuchen mit Pflaumenmus ein.
Nach einem Forschungssemester um die Frage wie Alltag produziert wird, sahen sich die Studierenden von space&designSTRATEGIES der Kunstuniversität Linz mit den kunsthistorischen Objekten des Kunstgewerbemuseums konfrontiert. Bei der gemeinsamen Betrachtung der ausgestellten Objekte, entwickelte sich im Gespräch mit der Kuratorin Dr. Claudia Banz die Frage, was überhaupt in einem Kunstgewerbemuseum ausgestellt wird und weswegen.
Das Ausstellen von Handwerkskunst einer lokalen Vergangenheit, die Repräsentation dessen was als repräsentativ erachtet wird, ließ die space&designSTRATEGISTs fragen: Welche zeitgenössischen Objekte haben für das Leben einer Gesellschaft eine Bedeutung? Welche Objekte haben für ein Museum eine Bedeutung? Und ist das dasselbe?
Der Diskurs über handwerklich und ästhetisch vorbildliche Objekte verschiebt sich seit der Industrialisierung von den exklusiven Repräsentationsobjekten einer reichen Klasse auf die „Gute Form“ in Massenproduktion. Mit der Betrachtung von ausgestelltem Design geht ein nostalgisches „Das hatten wir auch zu Hause“ einher, dem sich ein „Was hat das im Museum verloren“ anschließt. Durch das Erheben der Alltagsobjekte auf den Sockel repräsentativer Exklusivität, werden die Dinge aus dem Alltag herausgeschnitten. Geht man davon aus, dass Umwelt und Realität von den uns umgebenden Dingen und den Interaktionen mit ihnen und durch sie gestaltet wird, muss man den selbstverständlichen Objekten eine gesellschaftsformende Relevanz zugestehen. Wie können wir Routinen und Gewohnheiten betrachten? Wie können wir sie anzweifeln und diskutieren? Was passiert wenn sie im Museum Einzug halten?