Die letzte Ausstellung im 50-jährigen Jubiläumsjahr der Galerie ist dem Stillleben gewidmet und vereint unterschiedlichste Werke der von der Galerie vertretenen Künstlerpositionen. Die Darstellung unbewegter oder lebloser Gegenstände hat es seit Beginn der Malerei gegeben, lange bevor die nature morte im 17. Jahrhundert zur selbstständigen Disziplin der Malerei erhoben wurde. Aber wie sieht es heute in der zeitgenössischen Kunst mit dem Stillleben aus? Ist die Vergänglichkeit noch von zentraler Bedeutung? Helene Appel malt direkt auf die unbehandelte Leinwand, deren grobe Struktur den regelmäßig gegliederten Hintergrund ihrer Stillleben bildet. Reiskörner, Fleischstücke, Kehricht oder andere Dinge des alltäglichen Lebens malt die Künstlerin in Trompe l‘oeil Manier. Die Gegenstände rufen geradezu einen haptischen Effekt hervor, der durch die Anordnung und das Zusammenspiel mit dem gradlinigen Gewebe der Leinwand jedoch wieder ins Abstrakte überführt wird.
Candida Höfers Name als Fotografin steht in enger Verbindung mit der Darstellung von menschenleeren Innenräumen, deren Aura unmittelbar auf den Betrachter wirkt. Ihre weniger bekannten Stillleben hingegen dokumentieren erzählerisch und poetisch zugleich Situationen des Alltags, der sich in diesen Werken in scheinbar komponierte Farbfotografie verwandelt.
Karin Kneffel ist eine virtuose Malerin des Realistischen. In ihren Werken verbindet sie akribisch Recherchiertes mit dem Imaginären. Schicht für Schicht untersucht sie ihre Sujets, die Phasen der Veränderungen beschäftigen sie dabei genauso wie das Spiel mit den Effekten von Malerei, den Texturen, der Farbe und dem illusionistischen Erscheinungsbild. Die veristische Detailverliebtheit ihrer Stillleben lässt uns auf das Alltägliche blicken, als sähen wir es das erste Mal.
Thomas Struths „Rotfuchs“ aus der Serie von zu Tode gekommener Tiere zeigt einen auf natürliche Weise gestorbenen Fuchs, der wie die anderen Tiere dieser Serie zum Schutz ihrer Art untersucht wurde. Still und würdevoll liegt er da, als sei der letzte Atemzug gerade erst entwichen. Die Schönheit der Natur gepaart mit ihrer Vergänglichkeit ist zu einem eindringlichen memento mori geworden.
Jeff Wall führt den Blick des Betrachters in das Schaufenster eines Blumengeschäftes ohne Blumen. Leere Vasen und Blumentöpfe stehen im Fenster, lediglich eine tüllartige Blumenkonstruktion und dürre Äste verweisen auf seine Funktion. Zwei Kartons, einer mit der Aufschrift „18 candelite cardette“, geben den Hinweis auf den möglichen Inhalt von Halterungen für Blumengestecke. Man ist sich nicht sicher, ob es sich um eine inszenierte oder alltägliche und damit zufällige Situation handelt. Der Betrachter, beginnt unweigerlich die Details zu analysieren und eine Geschichte zu entwickeln.
Neben zahlreichen anderen Werken sind erstmalig Fotogramme der Künstlerinnen Susan Weil und Thu-Van Tran zu sehen und lassen bereits auf das Ausstellungprogramm der Galerie im kommenden Jahr blicken. Aber zunächst ist der Betrachter in dieser Ausstellung zum stillen Verweilen eingeladen, um der eingangs erwähnten Frage zu folgen und die Vielfalt des zeitgenössischen Stilllebens zu entdecken.