Helene Appel löst vertraute Dinge aus ihrer Umgebung und stellt Phänomene aus dem Alltag in den Mittelpunkt ihrer Bilder. In unterschiedlichen Formaten, zwischen sehr klein und überdimensional groß, wirkt die Malerei so greifbar und real, dass man sich ihrer Präsenz nicht entziehen kann. Genau das bestimmt auch die illusionistisch anmutenden Bilder von Helene Appel auf rohem, unbehandeltem Leinen: Sie versetzen den Betrachter in vertraute, oft zufällige Situationen, die mit Berührung, Geruch oder Geschmack in Verbindung stehen und wecken so unmittelbare Assoziationen zu dem Objekt. Die haptische Qualität der Werke verleitet dazu, sie zu berühren, so unwahrscheinlich erscheint es, dass es sich dabei stets um Malerei auf Leinwand handelt. Jedes Objekt wird außerhalb seines Kontexts im 1:1 Maßstab dargestellt, was wiederum die ganze Aufmerksamkeit auf die Details lenkt.
In ihrer dritten Einzelausstellung Try-outs in der Galerie Rüdiger Schöttle behaupten sich neue Objekte als Bildgegenstand. Eine Reihe an Waschbecken mit Spülwasser und Geschirr wird begleitet von großformatigen Schaum- und Stoffarbeiten sowie kleinformatigen Porträts von Dachziegeln, einem Knäckebrot oder Pasta. Für jedes Sujet erarbeitet sich die Künstlerin selbst eine geeignete Maltechnik, was in manchen Fällen auch zu einer Kombination verschiedener Techniken innerhalb einer Leinwand führt. „Für die Darstellung von lose über der Leinwand liegenden Stoffen verwende ich flüssige Aquarellfarbe, die die Leinwand tränkt und gleichsam einzufärben vermag. Die Struktur der Leinwand wird zur Darstellung des gemalten Stoffes genutzt. Bei neuen Stoffarbeiten wird diese Leinwandstruktur stellenweise im Kontrast glatt gearbeitet, an technische Zeichnungen anmutende gemalte Reißverschlüsse sind hier in das Bild eingearbeitet und halten den Stoff zusammen".
Helene Appel stellt erneut ihren Forschungsgeist unter Beweis, der sich in ihrer Malerei auf die Ästhetik hinter den alltäglichen Dingen konzentriert und eine anti-anthropozentrische Sichtweise offenbart. Durch das Ausloten von abstrakten Elementen, skulpturalen Erscheinungen und realistischer Malweise auf Leinwand verschafft sie oft übersehenen Dingen eine Daseinsberechtigung und Selbstbehauptung, die über deren Nützlichkeit weit hinaus geht, ihnen gar neues Leben einhaucht.
Helene Appel (1976 in Karlsruhe) hat an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg (bis 2004) und am Royal College of Art in London (bis 2006) Malerei studiert. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Werke waren zuletzt in Einzelausstellungen in der Williamson Art Gallery und Touchstones Rochdale Art Gallery in England (2023) sowie der Städtischen Galerie in Delmenhorst (2022) zu sehen. Der jüngste Neuankauf von Helene Appel der Hamburger Kunsthalle wird ab Herbst 2024 in der Ausstellung Isa Mona Lisa präsentiert.