In der Ausstellung wird ein höchst aufwendiges klassizistisches Möbel in seinen Einzelteilen präsentiert. Deren Virtuosität im Detail wirft Fragen nach den technischen und handwerklichen wie ästhetischen Qualitäten in der Gestaltung von Möbeln allgemein auf und offenbart das Wesen von Möbelkunst: Ein zeitlos anmutendes Vergnügen an elegant geschwungenen furnierten Oberflächen, an der kunstvollen Präsentation des Naturstoffs Holz und an den Mechaniken zur Verwandelbarkeit, wie sie zum Teil auch im heutigen handwerklich und industriell geprägten Möbelbau existieren.
Im Mittelpunkt steht ein Schreibsekretär, der um 1835 in Berlin von dem Ebenisten Joseph Schneevogl angefertigt wurde und heute zum Bestand der Preußischen Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg gehört. Seine souveräne Furnierung in Mahagoniholz, die auch geschweifte und sphärisch gekrümmte Oberflächen meistert, setzt die Schönheit des Materials kunstvoll in Szene. Das Möbel steht nicht nur im Zenit der Preußischen Möbelkunst, sondern markiert einen Schlusspunkt handwerklicher Herstellung und vorindustrieller Materialkultur. Es bezeugt eine Haltung zum Konsum, die uns in ihrer Wertschätzung heute nur mehr nostalgisch entrückt erscheint.
In weiteren Sektionen widmet sich die Ausstellung dem wenig beachteten Werk Schneevogls, erläutert die kolonial geprägte Geschichte und Materialikonographie von Mahagoniholz und die aufwendigen Techniken des Furnierens. Sie präsentiert verwandte Positionen modernen Möbeldesigns mit dreidimensional furnierten Flächen (vor allem Sitzmöbel) und zeitgenössischer handwerklich gefertigter Möbel, ergänzt durch einzelne Werke aus der ständigen Ausstellung des Kunstgewerbemuseums.
Die Ausstellung zeigt Leihgaben aus Privatbesitz, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, der Danzer Deutschland GmbH, des Botanischen Museums Berlin, des Ibero-Amerikanischen Instituts und der Staatsbibliothek, beide Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Sie stellt die Meisterstücke zweier zeitgenössischer Berliner Tischlermeister vor, und sie beinhaltet zwei Projekte: Der Studiengang Konservierung und Restaurierung von Holz an der Fachhochschule Potsdam präsentiert eine Rekonstruktion historischer Furniertechniken und die Berufsfachschule für Holzschnitzerei und Schreinerei des Landkreises Berchtesgadener Land wandelt mit ihren aktuellen Schreinerarbeiten auf den Spuren der Schneevogl‘schen Möbelkunst.
Für Februar 2019 ist eine international besetzte Tagung geplant, die – orientiert an den Sektionen der Ausstellung – einlädt zur Begegnung zwischen Kunst- und Kulturhistorikerinnen, handwerklichen wie industriellen Möbelherstellern, Designerinnen, Kunsthändlern, Restauratorinnen und Freunden der Möbelkunst.