Eine der häufigsten Kriegspraktiken überhaupt in der Geschichte der menschlichen Existenz ist die Entwendung der Kunst. Im zweiten Weltkrieg hat Polen höchstwahrscheinlich eine unvergleichbare Niederlage eingesteckt. Bisher sind all die 65.000 verschollenen Kunstobjekte spurlos verschwunden. Sicherlich weiß man, wer und wo Objekte haben könnte, aber es ist trotzdem sehr schwierig einen Blick in die Welt der reichen Sammler zu werfen.
Im besetzten Polen der vierziger Jahre wurden ganze Museen und Bibliotheken ausgeraubt. Die Kunstbeute ist eine Art Hass aber gleichzeitig Gier und Liebe zur Kunst. Aus dem Nationalmuseum Warschau (Museum Narodowe w Warszawie) haben nationalsozialistische Truppen das größte kunstbezogeneVerbrechen aller Zeiten zu Stande gebracht. Die tausende Gemälde und Millionen Bücher wurden nicht von heute auf Morgen als Kunstbeute unterschlagen.
Es war ein Prozess, in dem ganz genau organisiert Bilder und Bücher in die Hände kunstbegieriger Sammler oder Galerien abtransportiert wurden. Paradoxerweise war das Museum Narodowe ein Jahr vor der deutschen Besatzung, 1938, in einer der Hauptstraßen der Stadt, offiziell eingeweiht.
Werke von Malern wie Aleksander Gierymski, Jacek Malczewski, Ambroży Mieroszewski, und Jan Matejko wurden während des Nazi-Regimes mitgenommen.
In, vom Dritten-Reich annektierten, polnischen Gebieten wurde nicht nur jüdische Kunst und Kultur sondern auch polnische Kunst verboten. Viele Bibliotheken wurden geschlossen und Bücher polnischer Autoren konfisziert und vernichtet. Aber zurück zu den Museen; in ganz Polen wurden etwa 2.600 Werke der europäischen, und 10.000 der polnischen Werke der Malerei geraubt, ob diese auf dem Weg zum geplanten Führermuseum (in Linz) von anderen abgenommen wurden ist immer noch ein Mythos. Tatsache ist, dass viele ehemalige SS-Offiziere, nationalsozialistische Beamten und Politiker im Besitz solcher Kunstwerke waren. Seit Kriegsende sind schon bald dreiundsiebzig Jahre vergangen und immer noch haben wir eine schlechte Bilanz was die Rückgabe betrifft. Man weiß, dass die wertvolle Kunst in Privatbesitz ist, wobei die Zahl dieser Privatbesitzer unbekannt ist. Es waren Politiker der NSDAP oder höherer Ränge der Wehrmacht, die nach dem Krieg das Kulturgut besaßen und an Erben weiter gegeben haben sollen.
Vor einem Jahr hatte die Familie von ex NS-Politiker und SS-Führer Otto von Wächter, der Anfang der Besatzung in Krakau stationiert war, eine Landkarte aus dem 18. Jahrhundert an die polnischen Behörden zurückgegeben. Es ist vielleicht eine moralische Verpflichtung der Erben zu Wort zu kommen, oder auch anonym die Raubkunst der Polen dahin zurück zu bringen, wo sie ursprünglich hin gehört; in die Museen. Von Wächter starb 1949 in Rom. Er konnte bis dahin fliehen, mutmaßlich um einen Platz der Rattenlinie (auf der Flucht Richtung Südamerika) zu bekommen.
Es ist nur ein Beispiel. Wie viele andere hochrangige Nationalsozialisten ein Versteck für die Kunstbeute fanden oder nach Übersee fuhren? Auf diese Frage gibt es keine Antwort.
Nun sollten die Nachfahren Verantwortungsbewusstsein zeigen, sich zu melden. Denn in vielen Fällen besitzen sie gar keine Kunstwerke mehr aber wahrscheinlich Informationen, wo sie sich befänden.
Die Arbeit der polnischen und deutschen Ministerien ist aussichtslos. Ihre Arbeit ist praktisch wie eine Art Spionage, in der sie die Hoffnung haben, irgendein Werk finden zu können. Jedoch kommt von Zeit zu Zeit eine glückliche Überraschung wie der Fall von Buxtehude (Deutschland) in dem ein Auktionshaus ein bekanntes Bild „Jüdin mit Orangen“ von Aleksander Gierymski, der bedeutendste polnische Maler des 19. Jahrhundert, verkaufen wollte. Das Bild war im Privatbesitz eines reichen Unternehmers und wurde immer weiter vererbt, bis der letzte Erbe es versteigern lassen wollte. Ein Fachmann, direkt aus Warschau geheim eingereist, identifizierte das Bild und somit entstand ein strafrechtlicher Prozess mit der Staatsanwaltschaft um das Werk, dessen wahrer Wert etwa 350.000 Euro zu diesem Zeitpunkt betrug. Nach vielen Verhandlungen gewann das polnische Kulturministerium das Gerichtsverfahren. Auf solche erfreulichen Fälle, wie der Fall Buxtehude, oder der öffentliche Appell der Familie Von Wächter, ihrem Beispiel zu folgen, warten die polnischen Behörden um mehr als 65.000 Gegenstände sicher stellen zu können.