Bruno Gironcoli gehört zu den eigenwilligsten Künstler_innenpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Einem breiteren Publikum ist er durch seine späten Großplastiken bekannt, in denen archetypische Figuren und Triviales zu futuristisch anmutenden Konglomeraten verschmelzen.
Weniger bekannt ist, dass Gironcolis bildhauerische Praxis von einer kontinuierlichen grafischen Produktion begleitet war. Die groß angelegte Retrospektive im mumok stellt erstmals den Maler und Zeichner Gironcoli in den Mittelpunkt. Seine Arbeiten auf Papier treten in Dialog mit herausragenden Beispielen seiner Drahtplastiken, Polyesterobjekte, Installationen und Monumentalskulpturen und erschließen so neue Perspektiven auch auf das bildhauerische Werk.
Von Beginn an sind Gironcolis Arbeiten auf Papier mehr als bloße Entwürfe für die Bildhauerei. Auf Papier treibt der österreichische Künstler seine Ideen vielmehr in Dimensionen, die über die Arbeit am konkreten Material weit hinausgehen. Auf Papier animiert er sein eigenes bildhauerisches Werk: Physikalischer Gesetze enthoben gehen schablonenhafte Figuren, Tiere, Symbole und Apparaturen hypothetische Verbindungen ein und fügen sich zu fantastisch-surrealen Szenen. Gironcolis Papierarbeiten sind buchstäblich „Flächen von Überlegungen“, die aus entfremdeten Zeichen mögliche Lebensformen zu bergen suchen.