Zeitgenössische Kunst spielt im MAK seit seiner Gründung als Museum für Kunst und Industrie eine ideelle Rolle. Ziel ist es, ein Laboratorium für künstlerische Produktion sowie eine Plattform der Vermittlung anzubieten: angewandte Kunst wird in Relation zu freier Kunst und Architektur gesetzt, um Synergien zu erzeugen. Diese programmatischen Überlegungen führten 1986 zum Aufbau der MAK-Sammlung Gegenwartskunst.
Ausgangspunkt der Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst und Basis der MAK-Sammlung Gegenwartskunst bilden die künstlerischen Interventionen der permanenten Schausammlung des Museums, wobei beispielsweise Barbara Bloom oder Donald Judd Anfang der 1990er Jahre gewonnen wurden, in enger Zusammenarbeit mit den KustodInnen des Hauses neue Präsentationsformen der historischen Bestände des MAK zu entwickeln. Als alternative Ansätze in Anknüpfung an die Idee des Gesamtkunstwerks und avantgardistische Strömungen geplant, spiegeln die innovativen Ausstellungsformen den Grundsatz wider, dass ein Kunstwerk in eine gesellschaftliche Situation, in einen historischen Kontext eingebunden und aus diesem heraus verstanden werden kann.
Der Schwerpunkt der MAK-Sammlung Gegenwartskunst liegt auf internationalen zeitgenössischen Positionen unter besonderer Berücksichtigung ausgesuchter österreichischer KünstlerInnen. Ein Großteil der Werke entsteht aus eigens für das Museum entwickelten Ausstellungen und Projekten, wobei das Medium Ausstellung, vergleichbar einer Momentaufnahme, an Geschichte und künstlerischer Produktion beteiligt ist. So entwickelte sich auch mit Künstlern wie etwa Walter Pichler, Franz West oder Heimo Zobernig eine kontinuierliche Zusammenarbeit in Hinblick auf konzeptuelle Strategien künstlerischer Praxis.
Die MAK-Sammlung Gegenwartskunst steht im Zeichen der kontextuellen Verschiebung von angewandter Kunst, Design und Architektur. Die methodische Gegenüberstellung von Werken aus spartenübergreifenden Bereichen der MAK-Sammlung mit zeitgenössischer Kunst eröffnet neue Perspektiven auf verschiedene geschichtliche Aspekte, wobei auch politische Fragestellungen sichtbar werden. Ilya & Emilia Kabakov dechiffrieren den Begriff der Utopie, während sich Marko Lulic mit soziokulturellen Phänomenen der Moderne beschäftigt, oder Peter Friedl und Georg Herold die Konstruktion von Geschichte hinterfragen. In raumgreifenden Installationen untersuchen Atelier Van Lieshout, Liam Gillick sowie Josef Dabernig unter anderem gesellschaftliche Wertvorstellungen und institutionalisierte Systeme.
Architektur als Thema der bildenden Kunst ist ein weiterer Teil der MAK-Sammlung Gegenwartskunst, wobei neue Sichtweisen auf das performative Moment von Architektur zur Diskussion gestellt werden. Werner Feiersinger, Andreas Fogarasi, Martin Kippenberger, Gordon Matta-Clark oder Dorit Margreiter skizzieren ungewöhnliche Vorstellungen von Architektur und verweisen auf deren skulpturale Qualitäten. Herbert Bayer und Alfons Schilling hingegen setzen sich in ihren skulpturalen Arbeiten mit Phänomenen der Wahrnehmung und der Interaktion des Betrachters auseinander.
Die Skulptur als soziales Mobile wird in der gegenwärtigen Auffassung von angewandter Kunst thematisiert. Mit Walter Pichlers „Fingerspanner“ (1967) lassen sich menschliche Gliedmaßen prothesenhaft erweitern, während Franz West sein Konzept der Passstücke in der Skulptur „Eo Ipso“ (1987), die als erfahrbarer Körper oder „Sitzmaschine“ fungiert, verdichtet. Mit multifunktionalen Objekten inszenieren Plamen Dejanov/Swetlana Heger, Birgit Jürgenssen oder Erwin Wurm Objekte mit Gebrauchswert als Repertoire des sozialen Raums. Damit hinterfragen sie Parameter moderner Skulptur und loten zeitgenössische, in der Konzeptkunst gründende Werkbegriffe aus.
Die unter der Direktion von Christoph Thun-Hohenstein geplante Neupositionierung der MAK-Sammlung Gegenwartskunst orientiert sich an gesellschaftlich relevanten Fragestellungen im globalen Kontext, am Spannungsverhältnis von angewandter Kunst und Gegenwartskunst, an der Integration aktueller internationaler Strömungen und neuer Kunstformen sowie an der Aufarbeitung maßgeblicher historischer Positionen. Gleichzeitig soll die künstlerische Auseinandersetzung mit den Beständen der MAK-Sammlung, auch im Sinne einer Auslotung kultureller Querverbindungen und einer kritischen Hinterfragung von Identitätsstiftung, in den Bereichen angewandte Kunst und Design sowie Architektur forciert werden.
Das MAK versteht sich als Plattform für internationale Strömungen in der Architektur, die sich in experimentellen Entwicklungen mit den großen Themen der Gesellschaft auseinandersetzen. Als Österreichisches Museum für Kunst und Industrie gegründet, konnten um 1900 Architekten und Designer wie Otto Wagner, Josef Hoffmann oder Koloman Moser für Museum und Schule gewonnen werden.
Praxisorientierte Synergien in der Architektur gestalten sich heute beispielsweise in Interventionen der historischen, von Heinrich von Ferstel geplanten Bausubstanz an der Wiener Ringstraße oder in der Belebung des inspirierenden Erbes des österreichisch-amerikanischen Architekten Rudolph M. Schindlers in Los Angeles, die das Museum als Ort des öffentlichen Diskurses überprüfen. Programmatisch wird Architektur als Spezialbereich angewandter Kunst in den Bereichen Sammlung und Ausstellung erfahrbar gemacht, wobei in der Vortragsreihe „Changing Architecture“ etwa mit Gastvorträgen von Zvi Hecker oder Kazuyo Sejima aktuelle Sichtweisen beleuchtet wurden.
Progressive Positionen im Spannungsfeld von Architektur und Kunst, wie von Vito Acconci, Raimund Abraham, Hans Hollein, Bernard Rudofsky, Carlo Scarpa oder Friedrich Kiesler, dessen Entwurf zur „Raumstadt“ skulpturale Form und Funktionszusammenhänge in der modernen Architektur vereint, bilden einen Schwerpunkt der MAK-Sammlung Gegenwartskunst.
Ideen der Moderne in Relation zu gesellschaftlichen Fragestellungen formuliert Margarete Schütte-Lihotzky, die durch die Entwicklung des Prototyps „Frankfurter Küche“ bekannteste österreichische Architektin ihrer Generation. Mit bedeutenden zeitgenössischen Positionen wie von Zaha Hadid, COOP HIMMELB(L)AU, Günther Domenig, Frank O. Gehry, Rem Koolhaas, Daniel Libeskind u.a. untersucht das MAK Architektur anhand visionärer Entwicklungen. Die Studien von Greg Lynn oder Hernán Díaz Alonso hingegen zeichnen sich durch eine amorphe, computergenerierte Architektursprache aus und beeinflussen auch österreichische ArchitektInnen wie Matias del Campo und Sandra Manninger/SPAN, die ebenfalls bereits im MAK zu sehen waren.