Mit dem Ziel, dem erstarrten Historismus einen Neuanfang entgegenzusetzen, beschlossen der Architekt Josef Hoffmann, der Grafiker und Maler Koloman Moser und der der Moderne aufgeschlossene Mäzen Fritz Waerndorfer 1903 die Gründung der heute weltberühmten Vereinigung für Kunsthandwerk Wiener Werkstätte (1903–1932). Diese „Productivgenossenschaft von Kunsthandwerkern“ sollte in allen Bereichen des alltäglichen Bedarfs – Möbel, Architektur, Porzellan, Glas und Mode – in engem Kontakt zwischen Künstler und Konsument künstlerisch hochwertiges Kunsthandwerk hervorbringen. Mit ihrem interdisziplinären Anspruch auf ganzheitliche Durchdringung aller Lebensbereiche und ihren zukunftsweisenden Entwürfen prägte die Wiener Werkstätte nachhaltig die Designgeschichte und gibt bis heute wesentliche Impulse in ästhetischen Fragen.
Als Eigentümer des Archivs der Wiener Werkstätte (WW) kann das MAK wie kein anderes Museum die Geschichte und Bedeutung der Wiener Werkstätte belegen. Das Archiv, das dem MAK 1955 von seinem letzten Besitzer Alfred Hofmann geschenkt wurde, umfasst etwa 16.000 Entwurfszeichnungen, darunter 5.500 aus der Hand von Josef Hoffmann, rund 20.000 Stoffmuster, Plakate, Entwürfe für Postkarten, Modellbücher, Fotoalben und Geschäftskorrespondenz. Die wertvollen Bestände machen Entwurfsprozesse nachvollziehbar und zeigen eindrucksvoll, wie die Wiener Avantgardisten mit ihrer erstmals bis ins kleinste Detail ausgefeilten, prägenden Corporate Identity modernes Markendesign vermarkteten.
Das MAK verwahrt darüber hinaus die größte, in einem Museum vorhandene Sammlung von WW-Objekten und deckt damit die gesamte Schaffensperiode der Wiener Werkstätte ab. Unter anderem besitzt das MAK den umfassendsten Bestand an Möbeln, Objekten und Entwürfen Josef Hoffmanns weltweit. Die einzelnen Objekte sind dem Material entsprechend über das Wiener-Werkstätte-Archiv hinaus den entsprechenden Teilen der MAK-Sammlung zugeordnet.
Zu den wertvollsten im MAK vorhandenen Kunstwerke der Wiener Werkstätte zählen unter anderem ein frühes Teeservice von Josef Hoffmann (1903), eine von Dagobert Peche entworfene Ehrengabe zu Josef Hoffmanns 50. Geburtstag (1920), eine Prunkkassette von Koloman Moser (1906,) oder ein von Koloman Moser entworfener Schreibschrank für die Familie Waerndorfer (1903/04,).
Einen der Höhepunkte der MAK-Sammlung stellt Gustav Klimts neunteilige Werkzeichnung zum Mosaikfries (um 1910) im Speisezimmer des von Josef Hoffmann entworfenen Palais Stoclet in Brüssel, zu sehen in der permanenten Schausammlung des MAK, dar. Das Palais Stoclet, das als Hauptwerk der Wiener Werkstätte gilt, entstand im Auftrag von Adolphe Stoclet in der Avenue de Tervuren in den Jahren 1906 bis 1911. Es symbolisiert am deutlichsten die Utopie des Gesamtkunstwerks, einen Kerngedanken der Wiener Werkstätte.