My work is about this magical and often exploitative process of producing “value” through harnessing energies. Matter, especially plastic, has a lot of trapped energy in it. I love thinking about materials and environments as sentient beings, as things we form relationships with.
(Mika Rottenberg)
Mit der Ausstellung Antimatter factory präsentiert das KunstHausWien einen umfassenden Einblick in das vielseitige Schaffen von Mika Rottenberg, darunter ihre bekanntesten Filme und Installationen aus den Jahren 2003 bis 2022, eine Auswahl kinetischer, teils interaktiver Skulpturen mit surrealen Funktions- und Materialkompositionen aus den Jahren 2020 bis 2022 sowie ihre jüngste Werkgruppe Lampshares aus dem Jahr 2024, die natürliche organische Strukturen mit farbigen Lampenschirmen aus wiederverwertetem Plastik verbindet.
Der Titel der Ausstellung, Antimatter Factory, bezieht sich auf den Namen einer Forschungsabteilung am CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung in Genf, die Experimente mit Antimaterie durchführt. Mika Rottenberg hat Spaghetti Blockchain (2019) teilweise am CERN gefilmt und dabei die komplexen Prozesse der Teilchenbeschleunigung mit scheinbar alltäglicher, aber komplizierter menschlicher Arbeit verwoben. Mika Rottenberg erschafft Fantasiewelten von verführerischer Sinnlichkeit und irritierender Logik. Aus einer augenzwinkernden marxistischen Perspektive und mit Blick auf den menschlichen Körper untersucht sie kapitalistische Produktionsbedingungen und den Wert von Arbeit. Von einer Perlenzucht über einen chinesischen Großmarkt für Billigwaren bis hin zur Herstellung von Fertiggerichten: Rottenbergs Arbeiten decken die grotesken Mechanismen globaler Lieferketten, industrieller Fertigung und profitorientierter Arbeit auf und zeigen die skrupellose Ausbeutung von Menschen und Ressourcen. Mit absurdentwaffnendem Humor beleuchtet die Künstlerin die zunehmende Entfremdung in einer hyperkapitalistischen Welt und mahnt die Dringlichkeit eines Ausstiegs aus diesen Strukturen an.
Die Befragung der Grenzen zwischen Realität und Imagination zieht sich wie ein roter Faden durch Rottenbergs filmische Installationen. Menschen und Dinge scheinen in Bewegung zu geraten, Raum und Zeit, Vergangenheit und Zukunft sich zu vermischen. Die Menschen in Rottenbergs Filmen verrichten absurde Tätigkeiten: Sie niesen Steaks, Kaninchen, Glühbirnen oder ganze Mahlzeiten auf Tische und Teller; sie befeuchten Haare, Füße oder Hintern; sie sitzen inmitten von Plastikwaren oder glitzernden Girlanden, auf Kundschaft wartend. Rottenbergs vielschichtiges Werk lässt sich als Spiegel unserer globalisierten Zeiten, „in denen nichts mehr verschwindet, sondern alles infolge einer frenetischen Archivierung angehäuft wird.
(Text von Nicolas Bourriaud, Radikant, 2009)