Oppenheim (1975) damit beauftragt, sich mit dem facettenreichen Werk einer der bekanntesten und zugleich rätselhaftesten Persönlichkeiten der Fotografie des 20. Jahrhunderts auseinander- zusetzen: dem luxemburgisch-amerikanischen Fotografen und Kurator Edward Steichen (1879-1973). Mit fotografischen, textilen und floralen Werken enthüllt Oppenheim ein unerwartetes Porträt von Monsieur Steichen.
Seit zwei Jahrzehnten beschäftigt sich Lisa Oppenheim mit der Geschichte der Fotografie und ihren verborgenen Möglichkeiten. In der Ausstellung Monsieur Steichen richtet sie den Fokus auf die weniger bekannten Aspekte im Werk von Edward Steichen: seine lebenslange Leidenschaft für Blumen, seine Textildesigns und seine Experimente im Bereich der Farbfotografie. Die für die Ausstellung entwickelten Werke basieren auf Steichens „verlorenen Fäden“ und „verworfenen Ideen“ bezeichnet, die sie durch ihren eigenen künstlerischen Ansatz neu aufgreift.
Die Ausstellung beginnt mit einer Serie von Fotografien, auf denen Oppenheim eine heute ausgestorbene Schwertlilienart namens Monsieur Steichen wieder zum Leben erweckt, die 1910 von einem französischen Hobby-Botaniker als Hommage an Edward Steichen gezüchtet wurde. Oppenheim stellt sich vor, wie diese Schwertlilie ausgesehen haben könnte, und verwendet dazu zwei sehr unterschiedliche Techniken: die Dye-Transfer- Technik, die Steichen in seinen Farbexperimenten der 1930er und 1940er Jahre verwendete, und die künstliche Intelligenz.
Eine weitere Serie greift Steichens einflussreiche Textildesigns auf, die dieser Mitte der 1920er Jahre ausgehend von Schwarz-Weiß-Fotografien von Alltagsgegenständen schuf. In Zusammenarbeit mit der Modedesignerin Zoe Latta entwarf Oppenheim eine Kollektion neuer Stoffe, die auf Motiven basieren, die Steichen in seinen endgültigen Arbeiten nicht verwendete – verschiedene florale Muster sowie eine auffällige, fast abstrakte Fotografie von Kieselsteinen.
Daneben ist in der Ausstellung eine Auswahl von Steichens Foto- grafien zu sehen, die die zentrale Rolle der Frauen in seinem Leben und Werk unterstreichen, sowie eine Serie mit Studien (Steichen Studies, 2024), die einen Einblick in Oppenheims kreativen Prozess ermöglichen.
Im Festungsgraben rund um das Mudam realisiert Oppenheim zudem eine organische Installation aus Rittersporn, die Steichens Leidenschaft für diese Blumen zum Ausdruck bringt: Eduard’s garden (2025) wird während der Ausstellung wachsen und im Juni und Juli blühen.
Mit Monsieur Steichen präsentiert Lisa Oppenheim ein subjektives und abstraktes Porträt einer zentralen Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts aus der Perspektive der Gegenwart. Durch die Verschmelzung von Techniken und Disziplinen sowie ihrer eigenen Arbeit mit der Steichens eröffnet sie uns einen neuen Vor- stellungsraum für das grenzenlose transformative Potenzial des Bildes.