Wie nun: "Still oder lebendig?", mag sich schon manch einer gefragt haben. Die Bezeichnung Stillleben (frz.: nature morte) umfasst die Darstellung lebloser oder unbewegter Gegenstände (z.B. Blumen, Früchte, Jagdbeute, Geräte aller Art), die nach formal-kompositorischen und ästhetischen Gesichtspunkten angeordnet sind. Was aber macht das Stillleben lebendig? Jeder der hier ausgestellten Künstler und Künstlerinnen hat auf diese Frage eine eigene Antwort...
Fiona Ackerman arrangiert unterschiedlichste Dinge im aller-weitesten Sinne - Arbeitsmaterial wie Farbe, Keilrahmen und Papier, gezeichnete Symbole, aber auch Kopien ihrer eigenen Bilder in großer künstlerischer Freiheit und kompositorischer Raffinesse. Das eigenwillige Ensemble strahlt dennoch Harmonie und Leichtigkeit aus - liegt das am Ruf des Meeres (Vocation by the Sea)?
Mit verschiedenen Ebenen arbeitet auch Uwe Bremer. Wie macht man physikalische Theorien zum Gegenstand von Stillleben? Können Welle oder Teilchen und mathematische Begriffe wie Tesserakte Farben und Formen annehmen und mit alltäglichen Dingen wie Spielkarten oder Brezeln interagieren? Sie können!
Timur Çelik setzt Alltagsgegenstände meisterlich in Szene und erweckt sie damit zum Leben: Sein einsamer Koffer auf dem Laufband - eine moderne Fassung des Vanitasstilllebens - ist ohne seinen Nutzer eine tragische Figur. Mit diesem Koffer hat man Mitleid haben, und wie könnte etwas nicht lebendig sein, was Mitleid erzeugt?
Es gibt aber auch abstrakte Stillleben zu entdecken. Gregor Hiltner, Juan Logan und auch Ernst Weil verstehen es, geometrische Formen, Symbole und Gesten so zu komponieren, dass sie über-, unter-, und aneinandergelagert in poetischen, teils auch dramatischen Austausch treten: rote Punkte, graue, schwarze, blaue und weiße Quadrate, Balken und Linien, gelbe Halbkreise oder rosa Farbwolken sind Alliierte oder Widersacher im Dialog auf der Leinwand oder dem Papier.
Bei Karl Kunz und auch bei Natascha Mann verbinden sich Altes und Neues in Form, Textur und Farbe auf sehr lebendige Weise, um in einmaliger atmosphärischer Dichte profane Dinge rätselhaft erscheinen zu lassen und bekannte Rangordnungen in Frage zu stellen Bei Paul Schwietzke geben sich organische und mechanische, feste und fliegende, schwere und leichte Formen ein Stelldichein, um unsere Mess-- und Sehgewohnheiten grundlegend herauszufordern.
Noch vieles mehr gibt es zu entdecken und zu enträtseln. Sie werden staunen, wie lebendig die tote Natur doch sein kann...