Die Mai 36 Galerie freut sich, die nunmehr dritte Einzelausstellung mit Werken von Jitka Hanzlová zu präsentieren. Das umfassende fotografische Werk der Künstlerin, das sich zwischen den zwei kulturellen Systemen Ost und West entwickelt hat, spiegelt in Form von Bildern persönliche wie übergreifende historische Transformationsprozesse wider.
Durch ihren direkten und sorgfältigen Zugang verleiht sie ihren Sujets eine unmittelbar überzeugende Präsenz – das Abgebildete scheint fast persönlich gegenüber. Was in ihren Werken so für die BetrachterInnen augenscheinlich wird, geht zurück auf ihren persönlichen Zugang zu den Menschen und Dingen, die sie fotografiert. Behutsam und geduldig studiert sie diese eher, als dass sie mit dem Anspruch eines Abbilds ‹abgelichtet› werden. In ihren Portraits ist nicht nur die Erscheinung und Geschichte der Abgebildeten sichtbar, sondern auch Hanzlovás persönliche Beziehung und Haltung zu diesen. In ihren Arbeiten lassen sich denn auch Bezüge zur Fotografie- und Kunstgeschichte sowie Medien ausserhalb des Kunstkontexts beobachten. So beispielsweise die Serie There is something I don’t know, die sich ästhetisch aus der Beschäftigung mit der Malerei des Quattrocento entwickelt hat, oder Vanitas, die sich an wissenschaftliche Abbildungen in Herbarien anlehnen.
Unabhängig von der Beschäftigung mit theoretischen Position zur Kunst, wie John Berger oder Roland Barthes, bleibt in Hanzlovás Arbeit aber die subjektive Annäherung zu den Abgebildeten zentral – diesen eingefangenen Subjekten mit direktem und unverzerrtem Blick eine emanzipierte Rolle innerhalb dieser Welt zuzuteilen.
Die Ausstellung in der Mai 36 Galerie konzentriert sich auf Arbeiten aus der neuen Serie Water und konzeptualisiert diese als Teil der früheren und laufenden seriellen Arbeit der Künstlerin. Hanzlová erweitert ihre Themen mit ihrer jüngsten Serie durch die zeitgenössische Diskussion um Ressourcen und untersucht das vermeintlich bedeutungsoffene Material anhand seiner unterschiedlichen Erscheinungsformen sowie die Bedeutung des scheinbar Selbstverständlichen – Luft, Wasser und Eis. Des Weiteren werden erstmals einzelne Werke aus den Serien Brixton, Cotton Rose, Hier, Vanitas, Horse sowie den frühen Serien Forest, Bewohner, Tonga und Rokytník nicht in ihrem seriellen Rahmen gezeigt, sondern frei einander gegenübergestellt, innerhalb eines Ausstellungskontextes präsentiert.
Jitka Hanzlová (geboren 1958 in Náchod, aufgewachsen im ostböhmischen Rokytnik, ehemalige Tschechoslowakei) kam Anfang der 1980er Jahre nach Deutschland und ist Absolventin der Folkwang Universität der Künste in Essen, wo sie bis heute lebt und arbeitet. Ihre Arbeiten werden international ausgestellt, zuletzt bis Februar 2020 in einer ersten, ihr dreissigjähriges künstlerisches Schaffen umfassenden Werkschau in der Nationalgalerie Prag. Von 2005 bis 2007 lehrte die Künstlerin an der Akademie der Künste in Hamburg und von 2012 bis 2016 an der Zürcher Hochschule der Künste.