Ein für die Leipziger Kunstgeschichte nicht geringer Verdienst der Bauhaus-Ausstellung im New Yorker Museum of Modern Art 2009 war es, Karl Hermann Trinkaus (1904 – 1965) wieder zu entdecken. Bis dato war der gebürtige Leipziger nahezu unsichtbar gewesen, nun aber mit einer beeindruckenden Arbeit im Reigen der Bauhaus-Künstler vertreten. 1927 und 1928 hatte der Diplomingenieur und gelernte Elektriker an der Bauhaus-Schule in Dessau unter anderem bei Wassily Kandinsky, Josef Albers und Paul Klee studiert.
Ein Empfehlungsbrief von Kandinsky bescheinigt ihm „schätzenswerte künstlerische Arbeiten“, die einer „reichen Phantasie“ entsprängen, „die eine geeignete, ausdrucksvolle Form findet.“ Sein Schaffen bewegt sich zwischen Übungen zur Farbenlehre und Perspektivstudien, zwischen Landschaftsaquarellen, Architekturstudien und sozialkritischen Collagen. Die Weite und Disparität seiner Arbeiten, Sujets und Medien erklärt sich einerseits aus der steten Suche nach neuen Möglichkeiten künstlerischen Arbeitens, andererseits aus der ,epigonalen‘ Auseinandersetzung, in die sich der Autodidakt mit allen seinen erreichbaren Vorbildern stürzte. Insbesondere seine Collagen der späten 1920er und frühen 1930er Jahre müssen keinen noch so ambitionierten Vergleich scheuen. Große handwerkliche Fähigkeiten treffen hier auf eine ungemeine künstlerische Energie, die es dem sozialkritischen Geist erlaubte, manch Botschaft in eindrucksvolle Formen zu schneiden, zu kleben und zu zeichnen.
Bis zur Trinkaus‘ ,Entdeckung‘ in New York schlummerte sein Nachlass über 50 Jahre in Leipzig, testamentarisch nachvollziehbar und nahezu vollständig ging das Konvolut durch den Erbgang. Derzeit befindet er sich im MdbK zur Vorbereitung der ersten monografischen Ausstellung und der wissenschaftlichen Dokumentation. „Bauhaus – Der neue Mensch“ zeichnet anhand ausgewählter Werke den künstlerischen Werdegang von Trinkaus nach und hebt besonders den Einfluss hervor, den das Bauhaus für einige Jahre auf ihn ausübte. Anlässlich der Ausstellung erscheint eine Publikation, in der neben dem Werkverzeichnis mit knapp 370 Positionen auch erstmals die bislang lückenhafte Biografie sowie das künstlerische Schaffen umfänglich aufarbeitet, dargestellt und eingeordnet werden.
Vielleicht vermögen es Ausstellung und Katalog, diesem heute vergessenen Bauhaus-Künstler die Aufmerksamkeit zu verschaffen, die er und sein künstlerisches Schaffen verdienen. Denn sein Œuvre bezeugt eindrücklich die inspirierende Kraft, die vom Bauhaus ausging und nicht nur Karl Hermann Trinkaus zu einem ,neuen Menschen‘ machte.