Als 1848 das Städtische Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, gehörten zu den rund 100 Kunstwerken, die dem Rat der Stadt Leipzig vom Kunstverein übereignet worden waren, auch 41 Zeichnungen und Aquarelle zeitgenössischer Künstler sowie eine kleine Sammlung älterer Kupferstiche und Holzschnitte. Niemand ahnte damals, daß sich aus diesen bescheidenen Anfängen eine Sammlung entwickeln sollte, deren Bestand inzwischen auf rund 55 000 Zeichnungen und graphische Blätter angewachsen ist.
Sind von zahlreichen Künstlern nur bestimmte Werkkomplexe oder gewichtige Einzelblätter in der Leipziger Sammlung präsent, werden von anderen Meistern nahezu die gesamten Oeuvres aufbewahrt. Neben der „Ikonographie“ Anton van Dycks ist das graphische Werk von William Hogarth, Daniel Chodowiecki und Johann Friedrich Bause vollständig vorhanden.
Eine Sonderstellung nimmt in Leipzig das Schaffen Max Klingers ein, das sich durch seltene Geschlossenheit auszeichnet.Weltweites Ansehen genießt die Kollektion der Zeichnungen. Den Grundstock der alten Meister bildet die Sammlung des 1822 verstorbenen Leipziger Juristen Johann August Otto Gehler, die als Vermächtnis seiner Nachkommen 1859 als Dörriensche Stiftung in den Besitz des Museums gelangte und Meisterwerke deutscher, niederländischer, italienischer und französischer Künstler vom Ende des 15. Jahrhunderts bis zum beginnenden 19. Jahrhundert umfasst.1952 wurden der Graphischen Sammlung von der Leipziger Stadtbibliothek in 56 Klebebänden nahezu 5000 Zeichnungen des italienischen Hochbarock übergeben. Diese waren bereits 1714 vom Rat der Stadt in Rom erworben worden und stammten größtenteils aus dem Besitz der Königin Christine von Schweden. Meisterblätter von Gianlorenzo Bernini, Salvator Rosa und anderen Künstlern trugen seitdem wesentlich zum internationalen Ruf der Leipziger Sammlung bei.
Analog zur Gemäldesammlung des Museums ist die deutsche Zeichenkunst vom 18. bis zum 20. Jahrhundert ungewöhnlich reich und vollständig vertreten. Herausragend ist der Bestand an Zeichnungen von Max Beckmann. Allein 360 Zeichnungen aus dem Nachlass Mathilde Q. Beckmann befinden sich als Dauerleihgabe in der Graphischen Sammlung.In der Zeichenkunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts widerspiegeln die Blätter mehrerer Generationen die dynamische Vielfalt des Kunstschaffens der DDR, wobei besonders die Arbeiten der Leipziger Künstler durch die Spannweite ihrer individuellen Handschriften herausragen.