Der 1972 geborene US-amerikanische Künstler Wade Guyton hat über zwei Jahrzehnte ein konsequentes und zugleich eigenständiges Werk geschaffen. Bekannt ist er vor allem für seine mit einem herkömmlichen Tintenstrahldrucker hergestellten großformatigen Leinwandbilder mit ikonischen Motiven wie Flammen, den Buchstaben „X“ und „U“ oder der Website der New York Times. Nachdem das Museum Ludwig bereits mehrere Werke des Künstlers für die Sammlung erwerben konnte, richtet es ihm nun eine große Überblicksausstellung aus, die sein künstlerisches Schaffen von den Anfängen bis hin zu jüngsten Arbeiten vorstellt.
Wade Guyton nimmt in Hinblick auf die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Bild im digitalen Zeitalter eine Schlüsselposition ein. Er kombiniert traditionelle Bildträger – beispielsweise grundierte Leinwand – mit digitalen Druckverfahren, so dass bewusst eingesetzte Übertragungsfehler zu ästhetisch verblüffenden Ergebnissen führen. Durch die Aneignung bereits existierenden Bildmaterials und die Konfrontation mit neuen Reproduktionstechnologien entwickelte Guyton in den letzten zwanzig Jahren eine aktualisierte Form der sogenannten Appropriation Art. Während seine ersten Inkjet-Gemälde auf Leinwand zunächst eher formalästhetisch hinsichtlich eines modernistischen Ansatzes interpretiert wurden, zeigt sich in der Entwicklung seines Werks, dass auch die scheinbar abstrakten Muster von Streifen, Quadraten und Kreisen in konkreten digitalen Bilddateien wurzeln.
Die Ausstellung entsteht in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler. Sie versammelt im gesamten Wechselausstellungsbereich sowie im DC-Saal und drei angrenzenden Räumen alle von ihm verwendeten Medien: von Papierarbeiten, die Wade Guyton „Zeichnungen“ nennt, über Fotografien und Skulpturen bis hin zu seinen bahnbrechenden Inkjet-Gemälden. Anstatt die Werke chronologisch zu präsentieren, werden sie mitunter motivisch oder thematisch in Gruppen angeordnet, wodurch Guytons Rückgriffe auf das eigene Werk ebenso erkenntlich werden wie die Entfaltung seines Œuvres. Zu den frühesten Arbeiten gehören Skulpturen aus verbogenen Stahlrohrstühlen sowie seine gedruckten Zeichnungen auf herausgerissenen Seiten aus Kunst- und Designkatalogen, die erstmals in einer weitreichenden Fülle zu sehen sind. Die jüngsten Werke der Ausstellung zeigen Bilder der unmittelbaren Umgebung des Künstlers, etwa seines Ateliers und der Stadtlandschaft New Yorks. Das Integrieren von Arbeitsutensilien und Möbeln aus dem Studio wie auch Strategien des Samplings von vorgefundenen Formen und Bildern sind prägnante Merkmale der künstlerischen Arbeitsweise von Wade Guyton, der immer auch auf den jeweiligen Ausstellungsort reagiert. Eine neue Außenskulptur auf der Terrasse vor dem Südeingang zum Beispiel ist nicht nur ein Bronzeabguss einer bereits bestehenden Arbeit in der Ausstellung, sondern weist ebenso ästhetische Bezüge zur Sheddach-Architektur des Museums auf. Für die Ausstellung werden außerdem frühere Einbauten entfernt: Sowohl Fenster als auch die Brücke zum Verwaltungstrakt werden wieder freigelegt, was gleich zu Beginn der Werkschau eine weitreichende Einsicht in den Wechselausstellungsbereich ermöglicht.
Yilmaz Dziewior, Direktor des Museum Ludwig: „Es ist ein erklärtes Ziel der Retrospektive, die Komplexität des Werks von Wade Guyton zu vermitteln und zu zeigen, dass er weit mehr als ein exzeptioneller Maler ist. Seine Vorgehensweise wurzelt tief in einem konzeptuellen Ansatz. Bei aller Klassizität seiner Arbeiten mit ihrem breit angelegten Netz an Verweisen auf kunsthistorische Vorläufer gelingt es Guyton immer wieder, durch neue, unerwartete Richtungswechsel innerhalb seines Werks zu überraschen.“
Wade Guyton ist 1972 in Hammond, Indiana, USA, geboren und lebt in New York. Letzte große institutionelle Einzelausstellungen fanden unter anderem in der Serpentine Gallery, London (2017/18), im Museo Madre – museo d’arte contemporanea Donnaregina in Neapel (2017), im Museum Brandhorst in München (2017), im Musée d’art moderne et contemporain (MAMCO) in Genf (2016), im Le Consortium in Dijon (2016), der Kunsthalle Zürich (2013) und im Whitney Museum of American Art in New York (2012) statt.