Das Museum Ludwig verwahrt eine hochkarätige Sammlung an Fotografien von den Anfängen im 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart; sie umfasst etwa 70.000 Werke. In einem eigens eingerichteten Fotoraum innerhalb der ständigen Sammlung wird das Museum Ludwig ab dem 24. März 2017 die Sammlung Fotografie in Ausschnitten und fortlaufend sichtbar machen. Damit ist ein fester Ort im Museum Ludwig geschaffen, der dauerhaft der Fotografie gewidmet ist.
Henri Cartier-Bresson und Heinz Held. Menschen mit Bildern lautet der Titel der ersten Präsentation, die bis zum 20. August 2017 zu sehen sein wird. Der französische Fotograf Henri Cartier-Bresson (1908–2004) und der Kölner Fotograf Heinz Held (1918–1990) sind sich mehrfach begegnet: 1956, als Cartier-Bresson nach Köln reiste, wo seine Bilder auf der Messe photokina gezeigt wurden, arbeitete Heinz Held nicht nur mit an der Ausstellung, sondern fotografierte sie auch. Sie begegneten sich wohl auch im Haus von L. Fritz Gruber, dem Begründer und Leiter der photokina-Bilderschauen, einem gemeinsamen Freund. Worüber sie gesprochen haben, ist nicht überliefert. Aber beide hatten einen ähnlichen Ansatz: Mit einer kleinen Kamera, unauffällig flanierend und den Moment abwartend, wenn etwas Unerwartetes, Rührendes, Komisches im Bild zum Vorschein kommen konnte – meist unbemerkt von den Menschen, die fotografiert wurden. Vom „entscheidenden Augenblick“ sprach Cartier-Bresson. 1967 richtete die Kunsthalle Köln Cartier-Bresson eine Einzelausstellung aus. Das gesamte Konvolut der circa 200 auf Holzplatten gezogenen Fotografien ist heute Teil der Sammlung Fotografie im Museum Ludwig und war zuletzt vollständig 2004 anlässlich von Cartier-Bressons Tod im Museum Ludwig zu sehen. Der Nachlass von Heinz Held befindet sich im Museum Ludwig und wird derzeit erschlossen. Aus der Bandbreite beider Werke sind hier Bilder versammelt, die den Menschen im Museum und in der Stadt zeigen. Ein Gemälde, eine Skulptur, ein Plakat oder ein Straßenschild treten hierbei in einen Dialog mit den Betrachtern und Passanten. Cartier-Bresson erkannte in solchen Korrespondenzen das surreale Potenzial der Fotografie. Heinz Held fand darin eine „Magie“, die „ins Herz trifft“.
In Erweiterung des Ausstellungsraums eröffnet zugleich das FOTO LAB, ein für Kinder und Erwachsene eingerichteter Raum zum Mitmachen und Experimentieren. Die BesucherInnen können erfahren, wie eine Camera obscura – das Urmodell der Kamera – funktioniert, sich vor einer Fototapete in Szene setzen oder haben selbst die Möglichkeit eine kleine Fotoausstellung mit 50 Reproduktionen aus der Sammlung Fotografie einzurichten. Diese Reproduktionen werden ermöglicht von Pixum, dem in Köln ansässigen Foto-Onlineservice. Die Sammlung Fotografie im Museum Ludwig wird so auf vielfältige Weise lebendig gehalten und zugänglich gemacht.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Arbeit mit der Fotografiesammlung des Museum Ludwig ist deren digitale Erfassung in einer wissenschaftlichen Datenbank zu Recherchezwecken. Dank der großzügigen Unterstützung von Pixum ist es dem Museum Ludwig gelungen, in den vergangenen zwei Jahren 4.000 Fotografien der Sammlung Agfa erstmals digital zu erfassen. Über www.kulturelles-erbe-koeln.de wird so die Sammlung Fotografie Stück für Stück publik gemacht und somit allen Interessierten ermöglicht, einen Einblick zu erhalten. Fortgesetzt wird die Erfassung nun mit den Sammlungen Gruber, den Erwerbungen des Museum Ludwig sowie der Sammlung Mrazkowa, die auch in den kommenden zwei Jahren von Pixum unterstützt wird.
Das Museum Ludwig bewahrt eine der europaweit größten und bedeutendsten fotografischen Sammlungen. Und von Anfang an waren es vor allem engagierte Sammler, die zu ihrer Vielfalt und Qualität beitrugen. So konnte nur ein Jahr nach Gründung des Museum Ludwig 1976 mit dem Ankauf von Werken der Sammlung L. Fritz Gruber ein Grundstein der heutigen Sammlung Fotografie gelegt werden. Dieser wurde durch weitere Schenkungen des Ehepaars L. Fritz und Renate Gruber stetig ergänzt. Gruber pflegte beste Kontakte zu Fotografen im In- und Ausland und verhalf ihrem Werk als Verantwortlicher der photokina-Bilderschauen bald nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Diktatur zur Öffentlichkeit.
Zusammen mit den Sammlungen des Agfa Foto-Historama, des Fotografen Robert Lebeck oder von Daniela Mrazkova und eines Konvolutes russischer Fotografien der 1920er und 1930er Jahre als Leihgabe der Peter und Irene Ludwig Stiftung umfasst die Sammlung Fotografie des Museum Ludwig frühe Daguerreotypien, einzigartige Inkunabeln aus dem 19. Jahrhundert, bedeutende künstlerische Fotografien, Alben, Mappenwerke, aber auch umfangreiche Materialien zur Kulturgeschichte des Mediums.
So trug der Fotograf Robert Lebeck in großem Umfang Fotografien und Alben des 19. Jahrhunderts, darunter zahlreiche Reisefotografien, zusammen, die sich seit 1994 im Museum Ludwig befinden. Und der Fotohistoriker Erich Stenger sammelte ab Anfang des 20. Jahrhunderts systematisch Bilder und Zeugnisse der Fotogeschichte wie Karikaturen und Bücher. Sie wurden 1955 von Agfa angekauft und 1974 im Museum Agfa Foto-Historama auf dem Werksgelände Bayer/Agfa präsentiert. Als anerkanntes „Nationales Kulturgut“ erwarb sie das Museum Ludwig 2005.
Der Sammlungsbereich der russischen Avantgarde ist durch den Ankauf der Sammlung Daniela Mrazkova 2008 vorzüglich ergänzt worden.
In den letzten Jahrzehnten ist die Sammlung durch Ankäufe und Schenkungen bis in die Gegenwart fortgeführt worden, darunter Arbeiten von Andreas Gursky, Thomas Ruff, Wolfgang Tillmans, Christopher Williams und Sherrie Levine, um nur einige wenige zu nennen.
In regelmäßigen Abständen müssen die Werke restauratorischen Untersuchungen unterzogen werden, um sie angemessen bewahren zu können. Besonders fotografische Arbeiten können aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit immer nur für drei Monate ausgestellt werden. Nach diesen drei Monaten können die vorgeschriebenen Ruhephasen bis zu fünf Jahre andauern. Wir bemühen uns, eine möglich vielfältige Auswahl aus unserem Bestand in Form von Sonderausstellungen in regelmäßigen Abständen zu präsentieren.