Das temporäre Lichtstudio, das die Wiener Künstlerin Victoria Coeln (*1962) am 3. Mai 2019 im MdbK bezogen hat, ist zugleich Ausstellung und Arbeitsplatz, an dem Bildmaterial produziert und bearbeitet wird. Im Fokus der Arbeit im Studio stehen Begegnungen mit Zeitzeugen, die in unterschiedlichen Lichtsituationen. Dabei entstehen kaleidoskopartige Schatten und Bewegungen, die gefilmt, fotografiert und anschließend bearbeitet werden. Das von Victoria Coeln konzipierte Studio ist Bühne, Vexierraum, Camara Obscura und mehr. Den Besuchern bietet es die Möglichkeit, den Arbeitsprozess mitzuerleben und selbst Teil de Projektes zu werden.
Die im Zusammenhang mit dem Lichtstudio gezeigte Ausstellung beginnt mit einem Rückblick auf bereits realisierte Projekte und Arbeiten von Victoria Coeln und zeigt dann, als ‚Work in Progress‘, erste Ergebnisse der Arbeit an ihrem Projekt für das Leipziger Lichtfest. So sind u.a. lichtinszenatorische Überschreibungen der „Ohrenburg“ (der ehemaligen Stasizentrale) mit dem Raster der Nicolaikirche, eines Lindenauer Hafen Gebäudes mit dem Stasi-Innenhof und eine dialektische Überschreibung des Honecker Gästehauses zu sehen.
Durch den Titel CHROMOTOPIA reiht Victoria Coeln ihr Leipziger Projekt in die Werkserie ihrer temporären Lichtinterventionen, die sie seit 2002 an herausragenden Orten in aller Welt entwickelt. Ganz gezielt überschreibt sie die Orte mit chromatischem Licht, „belichtet“ sie mit „Lichtfragmenten“ und schafft so neue Räume – im übertragenden wie buchstäblichen Sinn. Ihr Vorgehen versteht sie als ortsspezifische Prozesse der Raumaneignung.
hromatisches Licht gewinnt Coeln einerseits aus Sonnenlicht und andererseits aus künstlichen, Sonnenlicht-immitierenden Lichtquellen, indem sie große Anteile des Lichts ausfiltert und ausblendet. Was bleibt sind Lichtfragmente, Linien, Raster, monochrome Farbsegmente, die Orte sowie Räume und das darin Befindliche neu belichten und bis zur Unkenntlichkeit überschreiben. Zum einen zeichnet die Künstlerin damit subjektiv erfasste Raum-Zeit-Spuren nach, die auf ihre Auseinandersetzung mit dem Ort und seiner Geschichte hinweisen. Zum anderen ermöglicht das Überschreiben mit Lichtfragmenten eine Loslösung oder besser Herauslösung des Raumes aus seinem alten Kontext. Das Neu-Belichten eines bekannten Ortes überschreibt auch sein Erinnern und erschließt die Möglichkeit, Orte mit völlig neuen Begegnungen, Erlebnissen und Erfahrungen, also prospektiv mit neuer Erinnerung aufzuladen.