carlier | gebauer freut sich, die Einzelausstellung des Berliner Künstlers Erik Schmidt zu präsentieren.
Sollte Malerei einst Landschaften und Stadtansichten abbilden, nimmt sie heute in den Arbeiten von Erik Schmidt verstärkt die latente Dynamik von Metropolen in den Blick. In seiner künstlerischen Praxis verwendet Schmidt Ölfarben mit einer solchen Intensität, dass sie die Komplexität ihres Gegenstandes hervorheben – gleich einer besonderen Persönlichkeit, die die urbane Phänomenologie selbst wiedergibt. Dieses Wechselspiel zwischen Technik und Sujet bzw. Thema bildet seit Jahren den Kern von Erik Schmidts (mimetischem) Schaffen. Die Videos, die er vor vielen Jahren angefertigt hat, wie auch die Fotografien, die er mittlerweile auf Leinwand druckt und bemalt, zeugen von einer kühlen Distanz zu ihrem Betrachtungsgegenstand, der Stadt. Gleichzeitig zeichnen sich Schmidts Arbeiten durch ihre warmherzige, komödiantische Selbstwahrnehmung aus sowie eine intensiv verkörperte Beziehung zum Medium: körniger Film, gekonnte Videos, satte Farben.
Momentan setzt sich Schmidt intensiv mit Berlin auseinander. Seine Verbundenheit mit der pulsierenden Hauptstadt lässt sich bis hin zu seiner Videoarbeit Parking von 2002 zurückverfolgen. Sie ist gleichsam als Widerhall auf die Epoche machenden Konzeptkünstler Bas Jan Ader und Bruce Nauman zu verstehen und handelt davon, dass Schmidt inmitten der gewaltigen Hochhäuser des ehemaligen Ostberlin durch die Straßen fährt und dabei ein- und ausparkt. Damit dieses Bild nicht all zu sehr von den dunklen Kapiteln der deutschen Nachkriegsgeschichte überschattet wird, ist es mit komisch-absurden Elementen angereichert. Diese Suche nach einem Parkplatz im Berlin zur Jahrtausendwende ist von subtiler Ironie gekennzeichnet. Es wird ein Berlin heraufbeschworen, das noch nicht wieder zur einstigen Bevölkerungsdichte zurückgefunden hat, das aber zu einem der attraktivsten Einwanderungsziele der Welt avancieren sollte, jedoch noch damit beschäftigt war, seinen Weg aus der Finanzkrise zu finden – eine Stadt, deren wichtigste Ressource die Fülle an Raum war, die sie bot. Schmidts trockene Stimme aus dem Off unterstreicht den humorvollen, schelmenhaften Tonfall. Wie auch der leise pulsierende Techno-Soundtrack. Parking bekundet ganz im Sinne von Schmidts Malerei einen irgendwie widersinnigen Optimismus.
Jetzt, nachdem Berlin sich in einem völlig anderen Ort verwandelt hat, hat Schmidt damit begonnen, seine Gemälde auf stark vergrößerten Fotografien der Stadt, auf sehr strapazierfähiger Leinwand ausgedruckt, zu malen. Dieses Material erinnert an die zahlreichen Werbeplakate, mit denen die Metropole vollgepflastert ist, und die sowohl für die kulturelle Vielfalt als auch die unterschiedlichen Effekte des Kapitalismus stehen. Die Vogelperspektive auf den Bildern verweist auf Schmidts künstlerische Entwicklung. Ihre überhöhten Standpunkte evozieren nicht nur die Hochhäuser aus Parking, sondern auch die absurden, quasi dystopischen städtischen Anhöhen, die Schmidt in seiner späteren Videoarbeit The Bottom Line (2018) durchstreift. Gleichzeitig spiegeln die gedrehten und gekippten Fotografien die Perspektive des Umherstreifenden wider, der durch die Straßen und Alleen der Stadt fährt. Die Arbeit besteht aus schichtweise überlagerten Echos. So wie die historische Stadt die Kraft ihrer Präsenz in der ständigen Transformation schöpft, teilt sich die Geschichte von Schmidts eigenem Schaffen, seine andauernde Mimikry dieses Prozesses, durch Fotografie und Malerei mit.
In Schmidts neuen Gemälden wird die Farbe mit dem Pinsel in dicken, sinnlich-satten Farbschichten aufgetragen – in Zuckerwatterosa, Himmelblau oder Pistaziengrün – die den fordernden, technischen und menschlichen Rhythmus der Stadt wiedergeben. Jedes Mal, wenn ein bunter Farbklecks auf eine belebte Straße oder eine Ansammlung von Gebäuden trifft, blüht ein Ölfleck auf dem Foto. Dies ist als Beweis für Schmidts unbekümmerte Haltung gegenüber der Kunst zu werten – der Prozess des Kunstschaffens, in der Skepsis und Begeisterung dicht miteinander verschlungen sind. Wenn diese Sichtweise geprägt von der Unsicherheit darüber ist, was Kunst in der Welt bewegen kann, könnte man sie als Ausdruck einer widersprüchlichen Kombination aus fotografiertem Stadtleben und den lebhaften Materialien des Kunsthandwerks zu sehen. Die beiden verschmelzen in vollkommen unvollkommenem Einklang. Auf diese Weise wird Farbe zu einem Gegenstück widerspenstiger Körperenergie, die durch Fluten architektonischer und sozialer Transformation fließt und pulsiert.