Mit der zweiteiligen Ausstellung des in Paris lebenden Künstlers Clément Cogitore (*1983, Colmar) präsentiert das Kunsthaus Baselland die erste Einzelausstellung des aktuellen Gewinners des Prix Marcel Duchamp 2018 in der Schweiz. In seinem seit Jahren gewachsenen Werk verhandelt der französische Filmer und Fotograf eingehend die Frage nach der Rolle von Bildern aus Werbung, Unterhaltung, sozialen Netzwerken oder auch Ritualen, Geheimnissen und Scheinwelten, die eine aktive Rolle in der Konstruktion von Lebensentwürfen einnehmen. Die erste Ausstellungssequenz wird mit unterschiedlichen Arbeiten einen Überblick über sein Schaffen der letzten Jahre geben, während im zweiten Teil ab Mitte Mai sein neues Werk The Evil Eye, für das er den Prix Marcel Duchamp 2018 erhalten hat, erstmals im Fokus einer institutionellen Präsentation stehen wird.
Geschichten erzählen oder auch Geschichten zuhören zu dürfen, hat etwas Wunderbares — Reales kann sich mit Fantastischem mischen, alles scheint möglich, der Verlauf kann sich jederzeit ändern, die Fantasie wird aktiviert. Der Filmer Clément Cogitore ist genau ein solcher Geschichtenerzähler, wenngleich es nicht wirklich um Erfundenes geht. Eher kehrt er das Poetische, Besondere, Fantastische, bisweilen Irritierende aus Momenten des Alltags und der Wirklichkeit heraus — und das nicht nur in seinen Film, die kurz sein oder auch Spielfilmlängen haben können, sondern auch in seinen Fotografieserien. In seinem seit Jahren gewachsenen Werk verhandelt der französische Filmer und Fotograf eingehend die Frage nach der Rolle von Bildern aus Werbung, Unterhaltung, sozialen Netzwerken oder auch Ritualen und Scheinwelten, die eine aktive Rolle in der Konstruktion von Lebensentwürfen einnehmen.
Ein Paradebeispiel für sein künstlerisches Vorgehen ist sein vielbeachteter Film Les Indes galantes, für den er Krump-Dancer, eine Art Hip-Hop-Dancer, aus der Gegend von Paris für einmal zusammenbrachte und mit ihnen an der Oper in Paris den 3. Akt der Ballett-Oper Les Indes galantes(The amorous indies) von Jean Philippe Rameau aus dem Jahr 1735 aktivierte. Es ist aber nicht allein das Stück aus dem 18. Jahrhundert, das durch die jungen Menschen und ihren kraftvollen, eigenwilligen Tanz fesselnd in die Gegenwart geführt wurde. Und auch nicht allein die Tatsache, jemanden eine Bühne zu geben, der sich sonst der Öffentlichkeit eher entzieht — wie etwa jene Tänzer und Tänzerinnen. Clément Cogitore interessiert ebenso, was im Vorfeld und hinter dem Rampenlicht passiert und welchen Nachklang ein Werk bei denen hinterlassen kann, die involviert sind. Gerade im Zusammenführen von zwei Welten und Bereichen, die zuvor scheinbar getrennt waren, kann solch ein Moment eintreten. Eben wie diese Form der Jugendkultur der Krump-Dancer, die sich in den 1980er Jahren aus der Empörung heraus im Ghetto von Los Angeles losgetreten hat, und nun auf das Ambiente der renommierten Opéra National de Paris mit seinen Traditionen und Ritualen trifft. Es sind eben jene Berührungspunkte, denen Clément Cogitore immer wieder in seinem Werk nachspürt: Das Unkontrollierbare, Energiegeladene, aber auch Geheimnisvolle, bisweilen Manipulative und nicht immer mit der Ratio Erklärbare, das immer wieder auf uns trifft und wird dennoch nicht immer bereit sind zu sehen, zu überprüfen und mit allen unseren Sinnen zu erfahren. Ines Goldbach traf Clément Cogitore anlässlich der Ausstellung im Kunsthaus Baselland zum Gespräch.