Das Museum Haus Konstruktiv widmet der österreichischen Künstlerin Helga Philipp (1939–2002) die erste institutionelle Einzelausstellung in der Schweiz. Mit ihrem Werk, das im Umfeld der kinetischen Kunst und der Op-Art anzusiedeln ist, leistete Philipp einen wesentlichen Beitrag zu den konstruktiv-konkreten Tendenzen in Österreich. Die Ausstellung zeigt eine repräsentative Werkauswahl, die Philipps gesamte Schaffenszeit von den frühen 1960er- bis in die frühen 2000er-Jahre umfasst: von Zeichnungen, Druckgrafiken und Malereien über dreidimensionale Werke bis hin zu Objekten aus dem Bereich der angewandten Kunst.
Mit der Einzelschau von Helga Philipp tritt das Museum Haus Konstruktiv einmal mehr für sein Anliegen ein, das Wirken konstruktiv-konkret arbeitender Künstlerinnen, denen nicht selten eine weniger eingehende Rezeption als ihren männlichen Kollegen zuteilwurde, einem breiten Publikum vorzustellen und die Besonderheiten ihrer jeweiligen Position herauszuarbeiten. Nach Überblicksausstellungen zu Vera Molnar oder Marlow Moss etwa ist nun Helga Philipp an der Reihe. Unter dem Titel Poesie der optischen Transformation erstreckt sich ihre Ausstellung über sämtliche Räume im dritten Stock. Dabei wird bewusst auf eine chronologische Präsentation verzichtet und stattdessen eine thematische und mediale Gruppierung der sorgfältig ausgesuchten Exponate vorgenommen. Dies lässt eine der zentralen Strategien in der künstlerischen Praxis dieser ebenso reflektierten wie vielseitigen Künstlerin verstärkt in Erscheinung treten: ein Thema, zum Beispiel das Quadrat, den Kreis oder die Linie, über Jahre hinweg gattungsübergreifend und in verschiedenen Medien durchzudeklinieren.
Neben Philipps kinetischen Objekten, Malereien, Zeichnungen und Druckgrafiken wird im Museum Haus Konstruktiv auch ein Exponat aus dem Bereich der angewandten Kunst gezeigt. Es handelt sich um eine Sitzgruppe von 1970, die sich aus zwei Elementen zusammensetzt: dem Kreis und dem Zwischenraum der sich ergibt, wenn vier gleich grosse Kreise in einem Quadrat gruppiert werden. Für die Ausstellung wurde eine Neuauflage dieses Designobjekts gefertigt, die dem Publikum zum Gebrauch zur Verfügung steht. In Anlehnung an ihre erstmalige Präsentation während der Ausstellung Leben mit Kunst in einem Möbelhaus in Graz (1970) wird die Sitzgruppe zusammen mit dem hochformatigen kinetischen Objekt mit Kreisraster inszeniert. Darüber hinaus zeigen historische Schwarz-Weiss-Fotografien drei Möglichkeiten, als Betrachter mit Objekt und Raum zu interagieren. Wie so viele Arbeiten Philipps bringt auch diese zum Ausdruck, dass eine systematisch konzipierte Kunst nicht zwingend spröde oder kühl, sondern durchaus spielerisch und spektakulär sein kann. Es ist dieser vermeintliche Widerspruch, der auch im Titel der Ausstellung anklingt.