Wir freuen uns, Ihnen eine Einzelausstellung von Fausto Melotti anzukündigen. Wir werden rund dreissig Werke zeigen: Skulpturen, Keramiken und Zeichnungen, darunter die monumentale, fast sieben Meter hohe Skulptur I luoghi deputati (Die Spielorte) von 1976, die ursprünglich für den Filmproduzenten Alberto Grimaldi geschaffen wurde.
Mit Fontana, Manzoni und Burri zählt der Bildhauer, Keramiker, Maler und Schriftsteller Melotti (*Rovereto, 1901, †Mailand, 1986) zu den führenden italienischen Künstlern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1935 meinte er anlässlich seiner ersten bedeutenden Ausstellung in der Galerie Il Milione in Mailand über seine Arbeit: «Als der Klang des letzten griechischen Meissels verstummt war, senkte sich die Nacht über das Mittelmeer. Eine lange Nacht, die nur durch den Viertelmond der Renaissance (reflektiertes Licht) erhellt wurde. Heute spüren wir eine Brise über dem Mittelmeer. Und wir wagen zu glauben, dass endlich der Morgen dämmert.» In den 1930er Jahren führte die Abstraktion zum völligen Verzicht auf die Darstellung der natürlichen Welt und der objektiven Formen der Wirklichkeit. Hinsichtlich der Skulptur galt es aber, eine noch schwierigere, dramatischere, radikalere Geste zu vollziehen: den Verzicht auf die Liebe zum Material selbst und zu jedem traditionellen Volumen. In diesem Abrücken von der organischen Dichte und vom Gewicht des klassischen modellierten Körpers – die sich zuletzt in den asketischen, polierten Formen Brancusis, den brodelnden Figuren Giacomettis und der magischen Erwartungshaltung Arturo Martinis niederschlugen – entdeckte Melotti ab den späten 1950er Jahren einen wahrhaft originellen Raum für sich: eine freie, transparente Ordnung, die über den ungeordneten Grenzen der Welt eine harmonische Schwingung zu erzeugen vermochte. Mit Untitled (1959) ist in der Ausstellung eine seltene «Skulptur» aus Messing, Ketten und bunten Keramikperlen zu sehen, Melottis erstes Beispiel eines solch luftigen, entmaterialisierten Gebildes.
Durch das plastische Übersetzen musikalischer Kontrapunkte und Harmonien war er in der Lage, wunderbare Formen aus schierer Luft und feinen Transparen¬zen zu schaffen, reine Atemzüge und modulierte Rhythmen, die aus der Stille entspringen und wieder in diese zurückkehren. In einer weiteren bedeutenden Skulptur, Il ritorno di Giuditta (Judiths Rückkehr, 1983), behandelt Melotti eine Geschichte aus der Bibel, die viele große Künstler umtrieb: Botticelli, Caravaggio, Artemisia Gentileschi, Klimt. Die schöne Judith, eine reiche Witwe, rettet ihre Stadt vor der Belagerung des assyrischen Generals Holofernes: sie sucht ihn in seinem Zelt auf, bezirzt ihn mit ihrem Charme, macht ihn betrunken und enthauptet ihn dann kurzerhand mit seinem eigenen Säbel. Diese tragische und blutrünstige biblische Episode transfiguriert Melotti zu einem leichten, luftigen Tanz antiker Symbole, die über einer lichten, vertikalen Messingstruktur schweben.