Hans Hartung (1904-1989) gehört zu den herausragenden Malerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. In Leipzig geboren, verließ er Deutschland früh, um in Spanien und Frankreich zu leben. Als überzeugter Antifaschist nahm er auf französischer Seite am 2. Weltkrieg teil, den er schwer verwundet überlebte. Nach dem Krieg wurde er schnell einer der gefeierten Protagonisten der „École de Paris“, deren informelle Bildsprache für die Malerei der späten 1940er- und 1950er-Jahre kennzeichnend war und deren Erfolg zeitweise selbst den des Jahrhundertgenies Picasso überstrahlte. Hartungs Beitrag zum Informel war eine Malerei der kalkuliert-expressiven Gestik. Sie wurde zu einer Art Markenzeichen des Künstlers und prägte in der Folge sein Bild in der Kunstgeschichte.
Wirklich kühn und avantgardistisch wird sein Schaffen aber erst in den 1960er-Jahren, in denen sein Stern auf dem Kunstmarkt im Zeichen der Pop-Art und des frühen Minimalismus allmählich zu sinken begann. 1973 zieht sich Hartung in das südfranzösische Antibes zurück, wo sein hoch experimentelles Spätwerk entsteht. Zunehmend löst sich Hartung von den präzisen Entwurfszeichnungen, die bis dato Vorgabe und gestalterische Leitlinie für seine Gemälde waren. Mit Hilfe von selbstgebauten oder konstruktiv modifizierten Gerätschaften wie Spritzpistolen, Reisigbesen oder Gummipeitschen wirft und schleudert Hartung die Farbe nun auf die zunehmend größer werdenden Leinwände und das in einem so eng getakteten Produktionsrhythmus, dass er oft gar nicht mehr zum Signieren seiner Gemälde kam. Auf diese Weise entstand innerhalb von zweieinhalb Jahrzehnten das furiose Finale für ein reiches, in manchem noch unentdecktes und unerforschtes Künstlerleben.
Das Kunstmuseum Bonn präsentiert die größte in Deutschland gezeigte Malereiausstellung Hartungs seit mehr als 30 Jahren, die sich exklusiv auf das Spätwerk, die Jahre von 1962 bis 1989, konzentriert. In Bonn sind über 40 Gemälde zu sehen, die zum Kernbestand der Fondation Hans Hartung et Anna-Eva Bergman gehören.