Mehr als zwanzig Jahre nach seiner letzten Einzelausstellung in der Schweiz zeigt der international bekannte Künstler Imi Knoebel (*1940 in Dessau, lebt in Düsseldorf) eine gross angelegte Schau im Museum Haus Konstruktiv. Ausgehend vom inhaltlichen Schwerpunkt unseres Museums wurde eine Werkauswahl getroffen, die Knoebels Schaffen in einen Dialog mit dem historischen Erbe der konstruktiv-konkreten und konzeptuellen Kunst setzt. Wir freuen uns sehr, nicht nur wichtige Schlüsselwerke, sondern auch eigens für die Ausstellung entstandene Arbeiten zeigen zu können.
Imi Knoebels künstlerische Laufbahn beginnt anfangs der 1960er-Jahre in Darmstadt. Dort besuchte er von 1962 bis 1964 die Werkkunstschule, wo er bei Hanns Hoffmann-Lederer, aufbauend auf den Konzepten der Bauhaus-Vorkurse von Johannes Itten und Lázló Moholy-Nagy, konstruktive und strukturale Kompositionsübungen fertigte. In Darmstadt lernte er auch Rainer Giese (1942–1974) kennen. Beide nahmen den Vornamen Imi an und agierten fortan als «IMI & IMI», wobei Imi eine Abkürzung von «Ich mit Ihm» war, eine Grussformel, die sich die beiden jungen Künstler beim Abschied zuriefen. 1964 zogen die beiden Imis nach Düsseldorf und studierten an der Kunstakademie zunächst bei Walter Breker in der Klasse für Gebrauchsgrafik. Ein Jahr später wechselten sie in die Klasse von Joseph Beuys, der in Raum 20 unterrichtete. Sie selbst beanspruchten einen eigenen Arbeitsraum, den sie anfangs noch mit Jörg Immendorff und Blinky Palermo teilten und der zur Keimzelle von Knoebels Schaffen werden sollte: Raum 19, nach dem Knoebel 1968 eines seiner Schlüsselwerke benannte. Die Tatsache, dass mittlerweile vier verschiedene Fassungen von Raum 19 existieren, zeugt davon, wie wichtig diese frühe Arbeit für das gesamte Schaffen Knoebels blieb.
Die dritte und grösste Version dieser Installation, Raum 19 III (1968/2006), bildet denn auch den Auftakt der Ausstellung im Museum Haus Konstruktiv. Angelegt als ortsspezifisches, gebautes Bild, besteht sie aus einem reichhaltigen Konvolut aus gestapelten und gereihten Hartfaserplatten, Raumkörpern, Winkeln und Keilrahmen. Seit 2006 wird Raum 19 III zusammen mit dem Werk Batterie (2005) gezeigt – einem imposanten Kubus aus mit phosphoreszierender Farbe beschichteten Aluminiumplatten. In Kombination nähren sich die beiden Werke, laden sich gegenseitig auf.
Auch der 21-teilige Werkkomplex der sogenannten Kernstücke, die im vierten Stock präsentiert werden, bezeugt das Fortleben und die Weiterführung früher künstlerischer Überlegungen. Die Kernstücke können als eine Art künstlerisches, vom Prinzip her erweiterbares Alphabet gelesen werden, das die Grundprinzipien von Knoebels Kunstverständnis von den Anfängen bis heute veranschaulicht.
In den Ausstellungsräumen im dritten Stock werden ältere und jüngere Werke präsentiert. Hier wird deutlich, dass das kunsttheoretische und künstlerische Schaffen des russischen Suprematisten Kasimir Malewitsch (1878–1935) einen wichtigen Bezugspunkt darstellt. Mit anderen Werkserien bezieht sich Knoebel in verstärktem Masse auf die amerikanische Farbfeldmalerei und den Minimalismus der 1960er- und 1970er-Jahre; so zum Beispiel, wenn er mit der in Rot, Gelb und Blau gehaltenen Arbeit Ich Nicht IV (2006) entschieden auf Barnett Newmans Frage «Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue?» antwortet und damit auch die Diskussion um die zentrale Rolle der Primärfarben für die Geschichte der Abstraktion im 20. Jahrhundert neu aufrollt.