Wer – oder was – ist Reena Spaulings? Der Name steht seit 2004 für verschiedene kollektiv-künstlerische Aktivitäten: Zunächst betitelte Reena Spaulings ein Romanprojekt, an dem eine unbestimmte Anzahl anonymer Autorinnen und Autoren aus dem Umfeld des Künstlerkollektivs Bernadette Corporation mitwirkte. Fast zeitgleich entstand eine kommerzielle Galerie mit Ausstellungsräumen in New York, die seither Künstlerinnen und Künstler wie Merlin Carpenter, Jutta Koether, Claire Fontaine und Klara Lidén repräsentiert. Ebenfalls in 2004 formierte sich ein Künstlerkollektiv, das seitdem unter dem Namen der fiktiven Künstlerin Reena Spaulings operiert und unter diesem eine systemreflexive sowie selbstironische, kollektive Malerei betreibt.
Für Reena Spaulings stellt die Ausstellung Her and No die erste institutionelle Zusammenarbeit mit einem Museum dar. Die Präsentation fokussiert die künstlerische Arbeit des Kollektivs. Sie umfasst eine eigens für die Ausstellung entstandene Installation aus neuen, neuaufgelegten und bereits bestehenden Arbeiten, die sich im weitesten Sinn mit dem Stellenwert des Künstlers in der Gesellschaft befasst und zugleich mit dem Format der institutionellen Werkschau in einem Museum spielt.
Im Zentrum der Ausstellung stehen drei großformatige sowie frei im Raum stehende Bildträger aus Aluminium. Das gemalte Sujet hierauf adaptiert Gustave Courbets berühmtes Bild Die Begegnung (Bonjour, Monsieur Courbet), in dem der Maler auf Wanderschaft fernab der städtischen Kulturszene auf seinen Sammler Alfred Bruyas trifft. Reena Spaulings überführt die Szene, in der sich Courbet 1854 als selbstbewusster Naturbursche inszeniert, in die heutige Gegenwart. Dabei analysiert sie nicht ohne Ironie das Bewusstsein des Künstlers für seine Rolle früher wie heute und deutet gleichzeitig auf das feinmaschige Abhängigkeitsgefüge innerhalb der Kunstwelt hin. In diesem Sinne thematisiert auch die 14-teilige Porträtserie Advisors, die renommierte Kunstberaterinnen und –berater porträtiert, deren zunehmende Bedeutung auf dem Kunstmarkt. Zwar stehen Künstlerinnen und Künstler seit der Moderne nicht länger in einem Auftragsverhältnis zum Mäzen – für diese Art von Beziehung kann die Gattung des Porträts heute als Sinnbild verstanden werden –, doch wirken nach wie vor deutlich spürbare Markt- und Machtmechanismen auf sie ein, die in der scheinbar autonomen Entscheidung die Advisors-Serie zu malen sichtbar werden.
Zudem sind in der Ausstellung Wiederaufnahmen der wichtigsten Werkgruppen Reena Spaulings zu sehen. Die Maltechnik erstreckt sich über pointilistische New York- und Kölndarstellungen, in Anlehnung an Oskar Kokoschkas Ansicht der Stadt Köln vom Messeturm aus (1956) bis hin zu von Putzrobotern erstellten Gemälden, die erstaunlicherweise eine Kraft und Farbigkeit entfalten, die den Betrachter auf den ersten Blick an die Seestücke William Turners denken lassen. Bei beiden Werkgruppen steht die Erprobung einer kollektiven Malpraxis im Vordergrund, die sich über die Idee einer individuellen Autorschaft und künstlerischen Handschrift hinwegsetzt.