Es gab schon einige Morgen danach, an denen ein schöner Fremder, nachdem er er das Gemälde neben meinem Bett gesehen hatte, ausrief: „Oh! Es ist ein Schwanz!“ Normalweise frage ich, für was er es hält. „Letzte Nacht dachte ich, es wäre, du weißt schon, Energie.“ Und er lag mit beidem nicht falsch.
Das kleine Gemälde, eines von Nicole Wittenbergs Cocksuckers, erscheint als eine visuelle Turbine, gemalt in sattem Rot und kühlem Weiß, mit der besonderen Eigenschaft, dabei nie zu Pink zu werden. Die Künstlerin findet starke Bilder, die sie bearbeitet und verändert, und sie entdeckt innovative Wege, das Bild durch den Prozess des Malens neu zu erschaffen – sie variiert ihre Spuren, deren Texturen und Farben. Daher macht es auch Sinn sich ihre Bilder in einer größeren Gruppierung anzuschauen, denn nur dann wird die technische Originalität und die malerische Perfektion dessen, was einzeln zunächst wie das visuelle Äquivalent von etwas, das „ins Auge geht“ wirken mag, vollständig deutlich – obgleich etwas, das „ins Auge geht“, wohl selten so viel Freude macht wie hier.
Und um meinen One-Night-Stands gegenüber fair zu bleiben: Wittenbergs Bilder sind in einem Schlafzimmer etwas deplatziert, denn dieses Setting bringt die sorgfältig abgestimmte Balance zwischen vor Kraft strotzendem Bild und abstrakter Form durcheinander. „Schlafzimmerbilder“ machen es den Betrachtern für gewöhnlich etwas leichter. Die Malereien Wittenbergs wollen ihren Platz in großen, halb-öffentlichen Räumen behaupten, und es gelingt ihnen. Sogar die kleinformatigen Bilder sah ich eine Wand wesentlich deutlicher beherrschen als andere, weitaus großformatigere Werke.
Die neusten Arbeiten können grob in folgende Kategorien eingeteilt werden: Küssen, Schwanzlutschen und Muschilecken. Es sind Bilder von Handlungen, die Wittenberg mit dem Akt des Malens in eine Reihe stellt, den sie als ebenso ins Unendliche reichend ansieht wie die Prozesse der Begierde selbst. Sie ist eine der spielerischsten und stärksten Malerinnen, die ich kenne.