Kaum eine andere Drucktechnik hat die graphische Kunst so intensiv und nachhaltig beeinflusst wie die Erfindung des Farbholzschnittes durch den italienischen Künstler Ugo da Carpi aus dem Jahr 1516. Nach Jahrhunderten des einfachen Holzschnittdrucks bot die sogenannte Chiaroscuro-Technik völlig neue, expressive Ausdrucksformen. Endlich war es den Künstlern möglich, unter Verwendung von unterschiedlich geschnittenen Holzstücken eine Hell-Dunkel-Modulation mit sensibler Farbgestaltung zu erzeugen. Das differenzierte Spiel mit Licht und Schatten, der Kontrast von präziser Linie und farbiger Fläche sowie die Verbindung von sinnlichen und geistigen Impulsen begründeten den besonderen Reiz des Farbholzschnittes.
Die neue Technik verbreitete sich im Italien der Renaissance rasend schnell und erreichte seinen ästhetischen Höhepunkt vor allem in Venedig und Parma, aber auch im Kreis der römischen Raffael-Schule. Die Graphische Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums besitzt eine Vielzahl von Farbholzschnitten und zeigt sie nun erstmals als ein Ensemble: Eine graphische Revolution – Der italienische Farbholzschnitt des 16. Jahrhunderts vereint mehr als 30 Blätter von bekannten Holzschneidern wie Ugo da Carpi, Antonio da Trento oder Andrea Andriani. Die Ausstellung im Graphischen Kabinett läuft vom 22. September 2017 bis zum 14. Januar 2018.
Der Farbholzschnitt zeichnet sich dadurch aus, dass der Druck von mehreren Holzstöcken erfolgt. Getrennt voneinander werden auf einem Holzstock die Umrisslinien festgehalten, auf anderen Stöcken hingegen die flächig markierten Tonwerte. Ergänzt werden die Strich- und Tonplatten noch durch jene Platten, auf denen die im Abzug weiß erscheinenden Flächen ebenfalls flächig aufgetragen wurden. Durch das Nach- und Aufeinanderdrucken entsteht ein farblich hochkomplexes Gesamtgefüge mit eigenen Weißhöhungen, das sich vor allem für die graphische Reproduktion von lavierten Federzeichnungen eignete.