In diesem Sommer begibt sich das Wallraf auf Spurensuche in eigener Sache. Erstmals in seiner langen Geschichte widmet sich Kölns erstes Museum seiner hervorragenden Jesuiten-Sammlung, die schon in den 1880er Jahren als Dauerleihgabe ans Haus kam. Dort bildet das rund 500 Werke umfassende Konvolut gemeinsam mit der Zeichnungssammlung von Ferdinand Franz Wallraf bis heute den Grundstock für die mehr als 65.000 Blatt große Graphische Sammlung. Anhand von 90 besonders eindrucksvollen Zeichnungen wird die Ausstellung den besonderen Charakter der Jesuiten-Sammlung ergründen. Handelt es sich um eine reine Lehrsammlung? Nach welchen Kriterien sammelte der Or-den? Spielten Fragen der Qualität und Kennerschaft die entscheidende Rolle, oder waren eher inhaltliche Gesichtspunkte ausschlaggebend? Und schließlich: Wo kauften die Jesuiten ihre Zeichnungsbestände? Darüber hinaus wird auch der Bildbegriff der Jesuiten thematisiert, da der Orden eine ganz eigene Bildtheologie entwickelt hatte.
Als Papst Clemens XIV am 21. Juli 1773 den Jesuiten-Orden aufhob, wurde dessen Kunstsammlung nach Paris verbracht. In den 1880er Jahren gelang es dem Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds, dem damaligen rechtlichen Nachfolger des Ordens, das heute im Wallraf beheimatete Konvolut zurück an den Rhein zu holen, um es als Dauerleihgabe an das Museum zu geben. Im Unterschied zu den in Paris verbliebenen Zeichnungen steht den Kölner Zeichnungen ihre historische Abkunft gleichsam ins Gesicht geschrieben. Am oberen rechten Bildrand weisen alle Zeichnungen den Vermerk Col. (Cologne) in schwarzer Druckerfarbe aus. Dieser Vermerk wurde ihnen nach ihrer Ankunft in Paris auf die sichtbare, dem Betrachter zugewandte Seite aufgedruckt, ein Siegel, das die Zeichnungen ein für alle Male auf ihrem physischen Träger, dem Papier, tragen sollten. Aber nur aufgrund dieses Siegels gelangten alle gestempelten Zeichnungen nach dem Zusammenbruch der französischen Republik wieder nach Köln zurück.