Weiß versus Schwarz, Abstraktion versus Figuration, Symbolik versus Realität: Die Ausstellung „Antipode“ präsentiert zwei entgegengesetzte Positionen junger Kunst aus Cluj, Rumänien, welche mit ihren neuesten Arbeiten die Möglichkeiten der Malerei aus dem Osten in einer großen Bandbreite repräsentieren. Seit ungefähr 10 Jahren hat sich aus der Hochschule für Kunst und Design in Cluj eine neue Generation von international sehr erfolgreichen Malern entwickelt, die einerseits die akademischen Techniken der klassischen Malerei-Tradition Osteuropas perfekt beherrschen, sich aber andererseits auf unvoreingenommene und sehr freie Weise der westlichen Malerei und ihren Themen und Techniken annähern. Sergiu Toma und Leonardo Silaghi, beide Jahrgang 1987, repräsentieren diese jüngere Generation der rumänischen Malerschule. Sergiu Toma stellt die Beschäftigung mit Figuration und realistischer Darstellung in das Zentrum seiner künstlerischen Auseinandersetzung, Leonardo Silaghi hingegen experimentiert gerade in diesen aktuellen Arbeiten mit Abstraktion und Reduktion sowohl in den Formen wie in den Farben.
Leonardo Silaghi präsentiert in dieser Ausstellung eine ganz neue Serie von großformatigen Werken sowie eine Reihe von 25 kleinen Arbeiten, welche sich durch eine abstrahierende Darstellung in den farblichen Nuancen von Schwarz, Weiß und Grautönen auszeichnen. Mit einem breiten, dynamischen Pinselstrich und durch eine meisterliche Anordnung von helleren und dunkleren Stellen kreiert Silaghi ein Überlappen von flächigen und räumlichen Situationen, welche den Blick dynamisch wandern lassen. Kreise, Dreiecke und Linien dienen als Grundformen, die er großräumig im Bild anordnet. Erst auf den zweiten Blick erkennen wir das Sujet, mit dem sich der Künstler in diesen letzten Arbeiten beschäftigt: es handelt sich um Variationen von Totenköpfen, welche wie eine Serie von abstrakten Portraits mit prägnanter Symbolik inszeniert werden. In den letzten Jahren beschäftigte sich Silaghi ausschließlich mit alten Maschinen und den Ruinen der Schwerindustrie im postkommunistischen Osteuropa. Bereits 2014 vollzog sich nach seinem Aufenthalt in New York ein radikaler Wandel hin zur Abstraktion. Seit 2015 nach seiner Künstlerresidenz in Berlin zeichnet sich nun ein radikaler inhaltlicher Wandel ab. Der Hauptfarbe Grau ist Silaghi von Anfang an bis heute treu geblieben. Denn jegliche Farbe würde ihn von dem ablenken, wohin er eigentlich zielt: auf die radikalen
Lösungen in der Malerei, welche Silaghi in den einfachsten Formen und den reduziertesten Farben findet.
Sergiu Toma präsentiert in dieser Ausstellung eine großformatige Arbeit in Öl auf Leinwand sowie die ersten fünf Werke einer ganz neu entstehenden Serie von kleinformatigen Arbeiten, welche einen prägnanten Wandel in der Arbeitsweise des Künstlers darstellen. In einer freien und leichten Malweise erzählt uns Toma spontane Momente eines täglichen Lebens, so z.B. Szenen des Spiels mit seinem Hund während eines Spaziergangs im Park, und immer wieder Augenblicke zwischen Innen- und Außenräumen. Die Szenen wirken wie Stills aus einem Film, basieren jedoch auf Vorlagen von fotografischen Schnappschüssen. Im Gegensatz zu seinen früheren Arbeiten löst sich der Künstler nun von einer brillant fotorealistischen und akademischen Malweise zugunsten eines viel freieren Umgangs mit dem Medium der Malerei, um die Bewegung und die Magie des Moments einzufangen. Toma ist ein Meister der Atmosphäre, welche er durch eine sehr weiche, fließende Patina erzeugt. Aber er liebt auch das emotionale Spiel mit dem Betrachter, indem er einen prägnanten Wechsel von tiefschwarzen Stellen mit kräftig leuchtenden Farben inszeniert, und dadurch sowohl heimelige wie gleichzeitig bedrohliche Orte kreiert. Die großformatige Arbeit zeigt den Künstler, der in einer Handbewegung einen Vorhang zwischen zwei unterschiedlichen Realitäten im Bild zu verschieben scheint. Diese Arbeit kann als Scharnier zwischen den früheren Arbeiten und den hier präsentierten aktuellen Werken gelten.