Nappelbaums Laufbahn begann mit seiner handwerklichen Ausbildung in Minsk, an die er Reisen innerhalb Russlands und den USA anschloss. Unterwegs sammelte er Eindrücke über photographische Moden und Verfahren und nach einem Besuch der Moskauer Tretjakov-Galerie benannte er Rembrandt als seinen wahren Lehrmeister. Zunächst ließ sich Nappelbaum als Photograph in Minsk nieder, bevor er um 1910 mit seiner Familie nach Sankt Petersburg übersiedelte und sein Atelier am Newski Prospekt eröffnete.

Nachdem Nappelbaum 1918 das erste offizielle Portrait Lenins angefertigt hatte, das millionenfache Verbreitung fand und eine Ausstellung seiner Werke im St. Petersburger Anitschkow-Palais zufolge hatte, war sein Ruf vollends gefestigt. In seinem Atelier saßen neben seiner gewöhnlichen Portraitkundschaft auch zahlreiche Politiker, Wissenschaftler, Maler, Bildhauer, Dichter, Komponisten und Schauspieler Modell.

Nappelbaum entwickelte einen persönlichen Stil, den er keiner Mode anpasste, sondern konsequent für sein gesamtes Lebenswerk beibehielt. In oft stundenlangen Sitzungen arbeitete er seine Portraits sorgsam heraus. Durch konsequente Lichtführung, die meist spärlich eingesetzten Requisiten und die besondere Aufmerksamkeit, die er Blickrichtung und Händen seiner Modelle zuteil werden ließ, entstanden wohlkomponierte Charakterstudien. Die malerische Bearbeitung des Hintergrunds auf der Negativplatte kennzeichnet viele seiner Photographien.

Nappelbaum schuf die endgültigen Portraits der neuen sowjetischen Elite. Wie Hugo Erfurths Künstler- und Gelehrtenportraits in Deutschland, so spiegeln die Portraits Moissej Nappelbaums das Antlitz der Epoche in Russland wider. Sie machen ihn zu dem photographischen Chronisten der Sowjetzeit.

In collaboration with Galerie Berinson (Berlin): [http://berinson.de/en/gallery](http://%20http://berinson.de/en/gallery)