Welche Klänge wurden im Zusammenhang mit humanitärer Arbeit aufbewahrt? Wie vermittelt eine Stimme ein Gefühl? Wer spricht und wer hat das Recht, angehört zu werden? Und wie steht es mit der Musik? Was spielt sie bei der humanitären Arbeit für eine Rolle? Vom 3. Oktober 2024 bis zum 24. August 2025 erforscht die Ausstellung Tuning in. Akustik der emotionen das Tonarchiv und die Sammlungen der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung im Dialog mit eigens dafür angefertigten künstlerischen Produktionen und bedeutenden Werken der zeitgenössischen Kunst.

Man erlebt die humanitäre Arbeit im Alltag vor allem mit den Augen und nicht so sehr mit den Ohren. Bilder spielen eine zentrale Rolle bei unserer Wahrnehmung von Konflikten, Naturkatastrophen und anderen humanitären Notlagen. Doch Geräusche, und insbesondere Stimmen, tragen genauso viel zum Verständnis und zur Darstellung der früheren und heutigen humanitären Herausforderungen bei. Das Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum bringt deshalb in einem experimentellen und disziplinübergreifenden Ansatz ein einzigartiges akustisches Kulturerbe ans Licht und belebt es neu.

Tausende Stunden zum Anhören

Die Sammlungen und Archive des Museums, des IKRK und der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) bewahren zahlreiche Schallplatten, Tonbänder, Kassetten und andere Tonträger auf. Diese aussergewöhnlichen Dokumente werden nun zum allerersten Mal ausgestellt und finden sich an der Seite von Musikinstrumenten, Partituren, Konzertplakaten und -fotografien aus dem 19. Jahrhundert bis in die heutige Zeit. Diese reiche und wenig bekannte Klangkulisse der humanitären Arbeit wird in drei Unterthemen präsentiert: Stimme und Archiv, Musik im Gefängnis und humanitäre Lieder.

Zehn zeitgenössische Kunstschaffende und drei Neuschöpfungen

Indem der zeitgenössischen Kunst, von William Kentridge bis zu Christine Sun Kim, viel Platz eingeräumt wird, hinterfragt Tuning In den tatsächlichen Sinn dahinter, dass in humanitären Situationen zugehört wird und dann entsprechende Tonaufzeichnungen aufbewahrt werden. Skulpturen, Installationen, Filme, Zeichnungen und Gemälde machen uns aufmerksam auf die Herausforderungen, die das Archiv durchziehen: unsere gemeinsame Menschlichkeit, das Zusammenleben, die Sprache und die Erinnerung. Im Einzelnen erhielten drei Kunstschaffende freie Hand für Neuschöpfungen. Piero Mottola schuf ein partizipatives Geräuschkunstwerk mit rund vierzig Freiwilligen, Dana Whabira erstellte eine immersive Installation ausgehend von ihren Recherchen im IKRK-Archiv und Gregor Hildebrandt gab dem Klang in einer eigens für die Ausstellung kreierten Skulptur eine materielle Form.

Eine Art Forschungslabor für die Universität Genf, die EPFL und die EDHEA

Die Ausstellung Tuning In ist das Ergebnis einer disziplinübergreifenden Zusammenarbeit und ermöglicht auch mehreren Studierenden und Dozierenden, ihre Forschungsarbeiten voranzubringen. Die EPFL übernahm die Digitalisierung von Klangobjekten, die als Kulturgüter erhalten werden sollen. Das fakultätsübergreifende Zentrum für affektive Wissenschaften (Centre Interfacultaire en Sciences Affectives) der Universität Genf lässt uns durch aktive Teilhabe entdecken, welche Verbindungen zwischen Stimme und Emotionen bestehen, ausgehend vom Archiv des IKRK. Gleichzeitig diente das Archiv der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften als Grundlage für einen Klangstrom, der von der Schule für Gestaltung und Hochschule für Kunst Wallis (EDHEA) in Siders kreiert wurde.

Eine immersive und integrative Erfahrung

Für Tuning In wurde der Wechselausstellungsraum des Museums vollkommen neu gestaltet, damit das Archiv und die Kunstwerke für alle Menschen, mit oder ohne Hörbeeinträchtigung, ein einzigartiges Erlebnis bereithalten.