Wenn sie nicht im Weg stehen, dann liegen sie im Weg oder es rast jemand mit waghalsigen Manövern mit Zentimeterabstand an Passant:innen vorbei. Die Rede ist von: E-Scootern. Sie gehören in den meisten Großstädten inzwischen zum Stadtbild wie Fahrräder und Autos und das Bild, das sie abgeben, ist meist kein positives. Doch stimmt das auch mit der Realität überein? Sind E-Scooter wirklich so umweltschädlich und nutzlos für die Verkehrswende?

Es steht außer Frage, dass E-Scooter wohl das umstrittenste Verkehrsmittel in Städten sind. Trotz aller Kritik werden sie nicht aus unseren Städten verschwinden, da sie inzwischen Teil der modernen Mobilität sind. Bei einer differenzierten Betrachtung stellt sich heraus, dass es neben häufig berechtigter Kritik auch Vorteile gibt.

E-Scooter können beispielsweise die subjektive Sicherheit in der Stadt verbessern. Diese Situation werden die meisten Frauen kennen: nachts auf dem Nachhauseweg hat man das Handy am Ohr und gibt vor zu telefonieren, den Schlüssel immer zwischen den Fingern parat oder das Pfefferspray griffbereit in der Tasche. Häufig auch alles drei. Mit E-Scootern kann man sich spontan, unabhängig und schnell fortbewegen und so unübersichtlichen Situationen leichter entgehen.

Außerdem wurde inzwischen herausgefunden, dass 25% der Strecken, die mit einem E-Scooter zurückgelegt werden, Strecken mit dem Auto ersetzen. Die Studie fand auch heraus, dass die durchschnittlich durch die Scooter verursachten CO2-Emissionen geringer sind als diejenigen des Verkehrsmittels, das sie ersetzen1 – hier geht es allerdings um E-Scooter im persönlichen Besitz. Bei geteilten Scootern, welche den Großteil der Scooter im öffentlichen Raum ausmachen, ist dies nicht der Fall. Das heißt durch diese werden mehr CO2-Emissionen verursacht, als eingespart.

Verschiedene Studien2 haben festgestellt, dass geteilte E-Scooter größtenteils Wege ersetzen, die sonst zu Fuß oder mit dem Nahverkehr zurückgelegt worden wären. Allerdings wurde ein großer Teil der Studien in den USA durchgeführt, weshalb die Ergebnisse nur begrenzt auf Deutschland übertragbar sind. Die Tendenz ist jedoch eindeutig. Dennoch werden durch die Scooter zumindest einige Autokilometer weniger zurückgelegt.

Mit der Verkehrswende wird das Ziel verfolgt, dass möglichst viele Fahrten vom privaten Auto auf den Umweltverbund verlagert werden. Es soll also mehr zu Fuß gegangen, Bus gefahren, das Rad, Carsharing oder eben E-Scooter genutzt werden. Alle Verkehrsmittel haben dabei den Vorteil, dass sie umweltfreundlicher sind als das private Auto. Das bedeutet jedoch nicht, dass es hier keine Verbesserungspotentiale gibt.

Anbieter:innen von E-Scootern sind gewinnorientierte Unternehmen, wogegen erst einmal nichts spricht. Sie sind aber genau aus diesem Grund darauf aus, die Scooter dort anzubieten, wo sie am häufigsten ausgeliehen werden. Nur so können Gewinne erzielt werden. Ob dadurch ein Beitrag zur Verkehrswende geleistet wird, ist dabei zweitrangig.

Wenn jedoch Studien feststellen, dass die CO2-Emissionen von geteilten Scootern größer sind als die der Verkehrsmittel, die sie ersetzen und mit ihnen nur wenige Autofahrten, sondern meist Wege aus dem Umweltverbund ersetzt werden, muss die Frage gestellt werden, ob sie nicht doch mehr Schaden anrichten als zu einer nachhaltigen Zukunft beizutragen.

Wie können E-Scooter also zur Verkehrswende beitragen? Verleihsysteme der Scooter sind in der Regel flexibel. Das bedeutet, dass die Scooter überall abgestellt werden können, wo es nicht ausdrücklich verboten ist. Sie sind also in der Regel nicht an feste Stationen gebunden, wie es bei Bikesharing-Systemen häufiger der Fall ist. Genau hier bietet sich eine große Chance. In der Stadt und auch in zentrumsnahen Bereichen ist die Abdeckung des ÖPNV meist so, dass er gut nutzbar ist. Außerdem gibt es häufig bereits ein BIkesharing-System und die Wege sind kurz.

Das Potential für die Verkehrswende ist größer in stadtnahen Bereichen oder auch auf dem Land, um die erste beziehungsweise letzte Meile zurückzulegen – die Strecke von der Wohnung zum Bahnhof oder Bus und wieder zurück. Diese sind am Stadtrand und auf dem Land häufig zu lang, um zu Fuß zu gehen und die Taktung des ÖPNV ist unattraktiv, weshalb dann doch das eigene Auto genutzt wird. Kann man jedoch mit einem E-Scooter flexibel zum Bahnhof fahren, wird die Fahrt mit dem Zug oder der S-Bahn attraktiver.

Nun gibt es leider das Problem, dass genau in diesen Bereichen weniger potentielle Scooter-Nutzer:innen leben und deshalb die Anbieter:innen dort keine Gewinne abschöpfen können. Das Resultat: sie konzentrieren sich weiter auf die Innenstädte. Der Einfluss der Stadtverwaltungen auf die Anbieter:innen ist dabei noch begrenzt. Sie benötigen keine Genehmigung der Stadt, um ihre Roller im öffentlichen Raum anzubieten. Deshalb sind die Anbieter:innen auch zu keiner Kooperation verpflichtet, wenn auch einige von ihnen von sich aus darauf setzen.

Durch die größtenteils sehr kritische öffentliche Diskussion, sind einige Anbieter:innen inzwischen jedoch kooperationsbereit. Das können sich Kommunen zunutze machen. So können beispielsweise Zonen definiert werden, die weniger gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden sind. Diese Zonen müssen dann beispielsweise jederzeit mit einer festzulegenden Anzahl an Rollern bestückt sein.

Wichtig ist auch der Zugang zu Nutzungsdaten. Hier geht es nicht darum wer hinter einer Ausleihe steckt, sondern dass die Kommune weiß wie viele Roller wo und wie lange ausgeliehen werden. Vorbild ist dafür die Stadt Los Angeles mit ihrer „Mobility Data Specification“-Strategie. Alle Anbieter:innen von Verleihsystemen sind verpflichtet jedes Fahrzeug zu registrieren und die Ausleihdaten in einem festgelegten Format der Kommune zur Verfügung zu stellen. So kann die Kommune, in Kooperation mit dem Scooter-Unternehmen, das System für alle Menschen in der Stadt optimieren.

E-Scooter können nur einen Beitrag zur Verkehrswende leisten, wenn die Systeme gemeinsam mit den Kommunen aufgebaut und optimiert werden. Das sollte auch das Ziel der Anbieter:innen sein. Es ist zu erwarten, dass Kommunen über kurz oder lang von Gesetzesseite mehr Handlungsspielraum bekommen, was private Scooter- aber auch Bikesharing-Verleihsysteme angeht. Ihnen sollte daran gelegen sein, dass die öffentliche Wahrnehmung der Scooter sich verbessert. Die Bereitstellung von Daten und die Kooperation mit den Kommunen ist da nur der erste Schritt. Gemeinsam mit den Kommunen können dann Lösung ausgearbeitet werden, wie Nutzer:innen dazu motiviert werden, die Roller auch tatsächlich nur dort abstellen, wo sie nicht im Weg stehen.

Anmerkungen

1 Daniel J. Reck, H. M. (2022). Mode choice, substitution patterns and environmental impacts of shared and personal micro-mobility. Transportation Research, 1-18.
2 Wang, K. Q. (2022). What Mobility Modes Do Shared E-Scooters Displace? A Review of Recent Research Findings. Transport Reviews, 1-27.