Dreißig Jahre nach „1989“ ist es Zeit, aus der Perspektive der bildenden Künste auf die Friedliche Revolution in der DDR, sowie den gesellschaftlichen Umbruch in Ostdeutschland zu blicken. „Point of No Return“ zeigt auf zirka 1.500 Quadratmetern mehr als 300 Werke aller Gattungen von 106 KünstlerInnen. Gerade Leipzig, als der symbolische Hauptort der Friedlichen Revolution, ist prädestiniert für die deutschlandweit erste große Exposition zu diesem Thema, die als wichtigste Ausstellung im 30. Jubiläumsjahr der Friedlichen Revolution gelten kann.
Die Ausstellung - kuratiert von Paul Kaiser, Christoph Tannert und Alfred Wedinger - bezieht die unmittelbare Vorgeschichte der Friedlichen Revolution ebenso ein, wie die Transformationszeit nach „1989“. Sie zeigt somit die bereits in den 1980er Jahren auffallenden „Risse in der Mauer“ und deren Gründe. Und sie thematisiert den unerwarteten Fall der Mauer wie die Neudefinition künstlerischen Schaffens im gesellschaftlichen Umbruch. Dies geschieht nicht zuletzt deshalb, da wichtige Werke einer künstlerisch-reflexiven Bezugnahme auf die Friedliche Revolution einerseits als Antizipation, Ahnung oder Aktion bereits im Vorfeld der revolutionären Ereignisse erfolgten und andererseits gültige Positionen erst mit Distanz, Abstand und beobachtetem Wandel gesellschaftlicher Zusammenhänge zu entstehen vermochten.
So bindet „Point of No Return“ zur Veranschaulichung des spannungsvollen Gesamtzusammenhangs gleichermaßen Arbeiten von „Hiergebliebenen“, „Rebellen und Reformern“ sowie Werke von „Dissidenten“ ein, welche die DDR zum Mauerfall 1989 bereits hinter sich gelassen hatten. Diese Auswahl umfasst Formen „innerer und äußerer Emigration“ über die Haltung „kritischer Loyalität“ bis hin zur sozialistischen Hoffnung auf Reformen im seinerzeit für viele fast schon nostalgisch wirkenden „Aufruf für unser Land“ (26. November 1989). Neu ist ebenso, dass Arbeiten von KünstlerInnen gezeigt werden, die zwar noch in der DDR geboren wurden aber nicht mehr die unmittelbare Erfahrung eines Lebens im Staatssozialismus mit ihren älteren Kollegen teilen. Interessant ist, dass sich viele junge KünstlerInnen heute ganz bewusst in einen Kontext ostdeutscher Kunstproduktion stellen, dabei Fragen von Herkunft, Tradierung von Eigensinn und Mentalität oder auch von Hegemonie und „Kolonialisierung“ aufgreifend.