Wenige Kunststile in der Bildhauerei wie der Art Déco geben uns den Eindruck, dass sie die Vollendung in Form und Geist der Figuren wiedergeben. Dies schien für Paul Landowski, ein vergessener Name aber ein gigantischer Künstler, kein Problem gewesen zu sein. Er war zu seiner Zeit ein renommierter Bildhauer und sein christlicher Geist gab ihm die Energie und Fähigkeit, beeindruckende Werke schaffen zu dürfen. Wenn wir Landowskis Gesamtwerk unter die Lupe nehmen, werden wir herausfinden, dass es vom Mystizismus geprägt ist. Das ist wohl kein Zufall; sein Vater kam aus Polen und war katholisch, seine Mutter ebenso gläubig aber aus Frankreich. Im relativ jungen Alter lernte er an der École des Beaux-Arts in Paris und später war er vier Jahre in der Villa Medicis (Rom), wo seine Stilrichtung, Klassisch, sich endgültig abzeichnete. Anfang der 1900er Jahre war Landowski auf dem Künstlermarkt relativ begehrt aber nicht besonders relevant.
In den späteren Jahren des Jugendstils hatten eigentlich Bildhauer eine indirekte Verantwortung und bezwungene Tendenz, in dem fast alle an die Stilmerkmale, mehr oder weniger, gebunden waren. Zwischen1900 und 1939 war allerdings nicht genau zu unterscheiden, mindestens in der Bildhauerei, was „Art Déco“ und „Jugendstil“ war. Die Skulpturen, dreidimensional, und Reliefs, zweidimensional, aller Künstler hatten ähnliche Eigenschaften und Motive. Hiermit müssen wir auch hinzufügen, dass der Begriff „Art Déco“ (aus dem französichen; Art Decoratif) erst in den 1960er Jahren zum ersten Mal genannt wurde und die Merkmale beider Richtungen definiert wurden.
Auch behaupten einige Experten, dass der Art Déco eine punktuell deutsche nationalsozialistische Tendenz gewesen sei, die mit der damaligen Architektur verbunden war. Aber auch, wenn es möglich sein kann, ist es aus meiner Perspektive eine vorzeitige Mutmaßung. Denn die künstlerische Strömung des Stils hatte doch einige Gemeinsamkeiten mit der deutschen Kunst der 1920er und 30er Jahre, die eh einen politischen Hintergrund hatte; nämlich die Verarmung Deutschlands durch den Ersten Weltkrieg. Generell ist Art Déco mit besonderen Zeichen definiert; wie: unnatürliche gestalterische Art, flach und schlanke Darstellung und industrielle Fertigung. In der Bildhauerei waren diese Merkmale mit dem Jugendstil vermischt. Jedoch kann man sie differenzieren. In der Zeit hatten Menschen die Hoffnung eine bessere Zukunft durch die technologische Entwicklung, Vermächtnis der Industriellen Revolution, haben zu dürfen. So entstand diese künstlerische Stilrichtung, deren wertvollster Ausdruck die Architektur war.
Unter den Bildhauern des Art Déco gibt es viele Deutsche und Österreicher; Beweis dessen Ursprung. Namen wie Adolf Müller-Crefeld, Richard Lange oder Emil Jungblut lassen uns in die goldenen Zeiten, Ende des XIX Jahrhunderts, hineinblicken. Aber auch Demetre Chiparus, aus Rumänien, wurde durch seine Kunst sehr bekannt. Seine hoch stilisierten Statuen machte er aus seinen Beobachtungen der Mode und Tanz. Chiparus lebte in Paris und dort traten öfter die „Ballets Russes“ auf, deren Tänzerinnen seine spontane Absicht war.
Der Einfluss erreichte viele Länder und Frankreich war keine Ausnahme. Auch wenn Paul Landowski sich der klassischen Bildhauerei widmete, wurde er von der neuen Kunstwelle beeinflusst. Dieses stellen wir besonders in zwei seiner Werke fest; die „Statue der Heiligen Genoveva“ (1928) und „Christus, der Erlöser“ (1931). Beide Statuen sind von Art Deco Merkmalen stark geprägt und bringen uns das Universum Landowskis näher. Trotzdem ist der Künstler weder zum Jugendstil noch zum Art-Deco-Stil zugeordnet.
„Christus, der Erlöser“, auf dem Corcovado Berg in Rio de Janeiro, ist Landowskis Meisterwerk. Das Projekt war die Idee eines Priesters, die sich während des Jahrhundert Jubiläum der brasilianischen Unabhängigkeit verkörperte. Das erste Design wurde als gemeinsame Arbeit vom Ingenieur Heitor Da Silva Costa und Maler Carlos Oswald entwickelt. Letztendlich musste Landowski Korrekturen und Änderungen durchführen um mit dem Auftrag anfangen zu können. Dadurch sehen wir die flache Form der Figur, die Länge der Hände, die kurvenlose senkrechte Falten der Kleidung und die Nüchternheit in der Körperhaltung als unvermeidliche Zeichen der Stilrichtung. Die 30 Meter hohe Stahlbeton Struktur wurde vom Künstler zwischen 1922 und 1931 in seinem Atelier bei Paris geschaffen und in situ zusammengebaut. Sie ist die größte Skulptur in Art-Déco-Stil auf der Welt und somit hat sich Paul Landowski verewigt.