Michael Janssen Berlin präsentiert zum Gallery Weekend mit ‚Devinera qui Pourra (Figure it out who can)‘ eine Ausstellung, die neue und neu interpretierten Arbeiten von Art & Language zeigt. Kuratorin der Ausstellung ist die in Paris und London lebende Jill Silverman van Coenegrachts.
Ursprünglich nicht mehr und nicht weniger als Künstler, die sich zur Zusammenarbeit entschlossen haben, wurden Art & Language beschrieben als „etwas ähnliches wie eine Kunstbewegung aber auch wie ein Forschungsinstitut, irgendwie auch so etwas wie eine Aktivistengruppe und irgendwie auch eine Rock-and-Roll-Band“. Immer letztendlich aber verstanden, als die Summe all dieser Dinge und noch mehr als das. Die Gruppe war über fünfzig Jahre hinweg in einer Vielzahl von Zusammensetzungen und Erscheinungsformen aktiv und entwickelte sich dabei von einem Künstlerduo hin zu einem ausgewachsenen internationalen Netzwerk – und wieder zurück. Die Formation war, ist und bleibt maßgeblich für eine kritische künstlerische Praxis in Reaktion auf – so Kunsthistoriker Robert Bailey – „das Vermächtnis der Moderne, wie es nach dem Zweiten Weltkrieg in den Vereinigten Staaten formuliert wurde...“
Kurz nachdem sie sich Mitte der 1960er Jahre trafen, gründeten die britischen Künstler Terry Atkinson und Michael Baldwin im Jahre 1968 zusammen mit Harold Hurrell und David Bainbridge eine Publikation mit dem Titel Art-Language, ein „Journal of Conceptual Art“. Sie riefen damit, nach Angaben der Künstler:
„das erste Druckerzeugnis ins Leben, mittels dessen sich präzise identifizieren ließ, was Konzeptkunst bedeutete, und das eine zentrale Plattform wurde für den theoretischen Diskurs und den intensiven Dialog innerhalb einer Gemeinschaft von Künstlern und Kritikern, die gleichzeitig ihre Produzenten und Konsumenten waren.“
Im Laufe der Jahre entwickelten sich Art & Language in verschiedene Richtungen, expandierten in andere Länder und auf andere Kontinente. Von dort aus diversifizierte die Gruppe ihre Aktivitäten (Musik, Film, Politik und andere mehr), entsprechend den Interessen ihres stetig wachsenden Gefolges. Es folgte eine Phase der Reduktion und Konzentration – 1976 hatten sich Art & Language wieder auf ihre – unvermindert kritische – Kernagenda ausgerichtet. Heute konzertieren Michael Baldwin und Mel Ramsden (der 1969 beitrat) das Wirken der Gruppe – aus einem Studio vor den Toren Oxfords heraus, mit Blick auf grasende Schafe vor dem Haus.
Geradezu ein Markenzeichen des kritischen künstlerischen Schaffens von Art & Language ist das unermüdliche Hinterfragen von Definitionen, Parametern, Annahmen und Genres von Kunst – eine Hingabe an die Frage, „was Kunst werden könnte, wenn sie nur konzeptuell wird“.
Devinera qui Pourra ist die Fortsetzung dieser Untersuchungen. Namensgebend für den Titel ist ein Kommentar von Gustav Courbet zu seinem Gemälde L‘Atelier du peintre (1854-1855), das in einer einzigen Szene das Aufeinanderprallen der verschiedenen, voneinander getrennten gesellschaftlichen Kreise darstellt, mit und in denen der Maler verkehrte. Auch die Besucher von Devinera qui Pourra sind dazu aufgerufen, die intellektuellen Knoten zu entwirren, die Art & Language in jedem Kunstwerk knüpfen: “Figure it out who can.” Gleichzeitig ist die Ausstellung, ganz im Sinne von Courbet’s Gemälde – eine Beschreibung der heutigen globalen politischen Situation – in einer komplizierten Welt, die ebenso unvereinbar mit sich selbst ist wie sie untrennbar miteinander verbunden ist.