Annette Kelms Fotografien zeigen scheinbar einfache, zugleich aber widerspenstige Motive, die auf Genres wie das Stillleben, auf Objekt- oder Studiofotografie oder die klassische Architekturaufnahme zurückgreifen, ohne deren Konvention vollständig zu erfüllen.
Sie ebnen die Dinge in die Fläche oder vervielfachen sie in der Serie. Häufig frontal und mit großer Detailschärfe abgebildet, betonen die minimalen, visuell jedoch durchaus opulenten Objektwelten ihre Übersetzung in den zweidimensionalen Raum der Fotografie. Kelms konzeptueller Ansatz, gepaart mit einer hohen Bildschärfe und neutralem Licht, verleiht den abgebildeten Dingen eine prägnante Präsenz. Die Betonung des Faktischen schließt jede Symbolik aus, zugleich tritt jedoch die kulturelle oder ideologische Aufladung bestimmter Objekte in den Vordergrund. Irritiert werden diese Ausrichtung an formalen Kriterien und der Verzicht auf alles Erzählerische auch durch das punktuelle Einfügen von Requisiten, die in keiner unmittelbaren Beziehung zum zentralen Bildgegenstand stehen.
Die Ausstellung in der Kunsthalle Wien konzentriert sich auf solche Werke, in denen Architektur, Design oder Konstellationen scheinbar alltäglicher Dinge sich als visuelle Manifestation komplexer Genealogien erweisen. Die Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffsbau in Berlin, ein prägnanter Bau, der für Versuche zur Strömungs- und Schiffstechnik genutzt wird, präsentiert sich in Kelms gleichnamiger Fotografie als abstrakter architektonischer Farbkörper. Die Zielscheiben der Serie Friendly Tournament mit ihren Löchern und kleinen Kratern, wo sie von Pfeilen getroffen wurden, erinnern an die perforierten Leinwände eines Lucio Fontana und thematisieren das Verhältnis von Objekt und Hintergrund, dreidimensionaler Wirklichkeit und ihrer Repräsentation intellektuell und lakonisch zugleich. Ein rätselhafter Rest bleibt jedoch auch hier bestehen.