Oft sind wir dermaßen mit unseren Dingen beschäftigt, mit der Arbeit, den Liebsten, unserem Alltag, dass wir ohne es zu bemerken, uns mental abschotten. Gar so als würden sich paradoxerweise die Welt und das Universum nur um uns herumdrehen. Wir vergessen dabei, dass wir nicht der Mittelpunkt sind, im Gegenteil eher ein mikroskopischer Teil dessen, was existiert.
Ich weiß, ich habe jetzt nicht gerade Amerika entdeckt und diese Erkenntnis kann banal erscheinen, aber dies ist es in Wirklichkeit nicht. Wer das Glück und die Gelegenheit hat wegen seiner Arbeit oder aus Vergnügen zu reisen, kann die große Chance nicht verkennen, den eigenen Horizont zu erweitern und sich mit anderen Kulturen zu konfrontieren. Reisen öffnet den Geist, ich halte es sogar für das Lebenselixier eines jeden Menschen. Dabei ist jedoch die richtige Herangehensweise während des Reisens grundlegend.
Zur Vereinfachung möchte ich Reisende in die Unterkategorien des Abenteurers und des gefahrscheuenden und bequemen Reisenden unterteilen. Macht es eurer Meinung nach Sinn, viele Stunden Flug auf sich zu nehmen, um in einen völlig anderen Ort zu gelangen, als dem wo man geboren wurde, um dieselben Dinge zu suchen, die man schon immer kennt? Und dennoch begegnet man beispielsweise Italienern, die auf Reisen italienische Restaurants suchen, um sich dann über die Qualität des Essens zu beschweren. Oder Menschen, die im Ausland den genauen Lebensstil aus der eigenen Heimat übernehmen, um wie in einer Art Schutzblase zu verharren. Sie ändert nur das Umfeld, aber möchten sich nicht aufs Spiel setzen und machen nicht die geringste Anstrengung, um in reellen Kontakt mit der lokalen Bevölkerung zu treten. Ich persönlich gehöre der Typologie des einsamen Abenteuerreisenden an.
Alleine zu reisen ist ganz anders als als Paar, mit Freunden oder in der Gruppe zu reisen. Es ist eine intimere und definitiv freiere Erfahrung. Man lässt sich treiben, man hat keinen Zeitdruck und ist niemandem Rechenschaft schuldig. Ich möchte den Ort, den ich besuche, vollständig begreifen. Deshalb erkunde ich die am wenigsten touristischen Gegenden, um schnell mit der lokalen Kultur in Kontakt zu treten, deren Essgewohnheiten kennen zu lernen, und deren Nachtleben beizuwohnen. Die Herausforderung dabei ist, mal abgesehen von der kommunikativ-sprachlichen Seite, sich in Frage zu stellen und sich vollständig auf dieses Abenteuer einzulassen. Aber wer ist wirklich bereit, sich darauf einzulassen?
Wenn man mir abrät alleine an einen Ort zu reisen, weil er zu gefährlich sei, weckt dies in mir eine große Neugierde und ich wähle genau jenen mit abgeratenen Ort als Ziel. Ja, ich reagiere auf solche Reisewarnungen genau wie kleine Kinder, denen man sagt, sie sollen dies nicht anfassen oder dort nicht hingehen. Ja, ich gebe es zu, Gefahr erregt mich und ich suche ständig furchtlos neue Herausforderungen. Dies erlaubt mir, verändert und bereichert wieder nach Hause zu kehren, nachdem ich eine tiefe innere Veränderungserfahrung sowie interkulturelle Begegnungen erlebt habe. Eine Reiseerfahrung auf bestmöglich Weise zu erleben hilft sich besser kennenzulernen und Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Es erlaubt dir außerdem den Schwerpunkt deines Fokusses auf eine internationalere und breitere Ebene zu verschieben und lässt dich als kleinste Einheit des Ganzen fühlen. Was auch mal nicht schlecht ist. Reisen verbessert die Lebensqualität und erlaubt dir, die Vielfalt, der man dabei begegnet, als ein unglaubliches Patrimonium zu betrachten. Also ein Kulturgut, worüber wir alle uns erfreuen sollten und welches wir alle respektieren sollten, statt als eine Gefahr zu sehen, die wir fürchten müssen. Leider haben manchmal die Politiker, die uns vertreten, diesen Vorgang nicht klar vor Augen und befeuern die Angst des Andersartigen als das Schlechte schlechthin. Dieses Verhalten kann nur Negatives in der Zivilgesellschaft anregen. Leider bringt es die Bevölkerung, der es an solchen Erfahrungen des Sich-Konfrontierens fehlt (sicherlich auch aus Mangel an finanziellen Mitteln) dazu, sich gegen Menschen zu positionieren, die anders sind, und sie als die Schuldigen unserer Probleme zu brandmarken.
Ich weiß sehr wohl, dass nicht alle sich viele Reisen leisten können. Dennoch: wenn ihr euch das nächste Mal etwas Gutes tun wollt, dann denkt nicht an etwas Materiellem. Schenkt euch vielmehr eine schöne Reise an einem Ort, den ihr schon immer besuchen wolltet und taucht ein in den Fluss des Lebens, ohne den Heuchlern Glauben zu schenken, die uns mental in unsere Blase gefangen halten wollen.
Übersetzung von Laura Graziani