Chemie hat viel mehr mit jedem einzelnen Menschen zu tun, als man landläufig annimmt, denn alles Leben entsteht und besteht durch chemische Prozesse. In jeder Sekunde laufen in unserem Körper unzählige biochemische Reaktionen ab. Und um biochemische Vorgänge handelt es sich auch, wenn diese Reaktionen gestört werden und der Mensch erkrankt.
Schon in der Frühzeit hat der Mensch versucht, Heilung oder zumindest Linderung von Krankheiten und Schmerzen zu erlangen. Der Ursprung der Pharmazie liegt im Sammeln von Heilpflanzen und dem allmählich wachsenden Wissen über ihre spezifischen Wirkungen.
So war bereits in der Antike bekannt, dass ein Aufguss von Silberweidenrinde (Salix alba) Schmerzen lindern kann – später gelangte man so zum bekannten Wirkstoff Acetylsalicylsäure. Auch heute noch sind Arzneipflanzen von großer Bedeutung für Wissenschaft und Medizin. Etwa 40 Prozent der derzeit verwendeten synthetischen Wirkstoffe leiten sich von Naturstoffen ab.
Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus (1493 – 1541), erkannte, dass die Chemie dem Menschen helfen kann, und forderte deshalb die Alchemisten auf: »Macht Medizin, nicht Gold!« Er sah Krankheiten als Störungen des chemischen Gleichgewichts des Körpers – und folgerte daraus, dass es sich durch den Einsatz von chemischen Substanzen auch wieder herstellen lassen muss. Diese Vorstellung kommt dem modernen Verständnis bereits sehr nahe und führte dazu, dass neben den bekannten Heilkräutern zunehmend auch chemische und mineralische Stoffe eingesetzt wurden und der Arzneimittelschatz weiter wuchs.
Heute ist die Pharmazie die Naturwissenschaft, die sich mit der Beschaffenheit, Wirkung, Prüfung, Herstellung und Abgabe von Arzneimitteln befasst. Aufbauend auf den Erkenntnissen der Chemie und Biologie nutzt die moderne Pharmazie dabei das ständig wachsende Wissen über die Biochemie des menschlichen Körpers, um gezielter nach Substanzen zu suchen, die Patienten Linderung oder Heilung bringen können. So werden Medikamente heute oftmals zielgerichtet »auf dem Reißbrett« entworfen, um eine optimale Wirkung zu erreichen. Trotzdem sind erst etwa ein Drittel der ca. 30 000 uns bekannten Krankheiten behandelbar. Und lediglich bei einem Bruchteil davon ist man in der Lage, die eigentlichen Krankheitsursachen zu therapieren, anstatt nur die Symptome zu bekämpfen.