Im März 2018 erhielten die Staatlichen Museen zu Berlin durch letztwillige Verfügung der Kunsthistorikerin Barbara Malwine Auguste Göpel (1922–2017) ein bedeutendes Konvolut aus zwei Gemälden, 46 Zeichnungen und 52 druckgraphischen Werken Max Beckmanns sowie einem Gemälde Hans Purrmanns für die Sammlungen der Nationalgalerie und des Kupferstichkabinetts. In einer ersten Präsentation soll der Öffentlichkeit nun das gesamte, kunsthistorisch bedeutende Vermächtnis vorgestellt werden. Ebenso wird die Herkunft der Werke thematisiert, die in den 1940er- und 1950er-Jahren von dem Kunsthistoriker Dr. Erhard Göpel, dem 1966 verstorbenen Ehemann Barbara Göpels, erworben wurden.
Das Vermächtnis Barbara Göpel stellt einen großen Zugewinn für die Bestände der Klassischen Moderne der Staatlichen Museen zu Berlin dar und ermöglicht einen facettenreichen Einblick in das künstlerische Werk Max Beckmanns (1884–1950). So decken die 46 Zeichnungen alle Schaffensphasen des Künstlers von den Anfängen als Weimarer Student im Jahr 1900 bis ins letzte Jahr seiner Exilzeit in Amsterdam (1937–1947) beinahe mustergültig ab. Ein besonders bewegender Akzent liegt auf Skizzen, die während Beckmanns Sanitätsdienstes im Ersten Weltkrieg an der Ostfront und in Flandern entstanden. Viele dieser Zeichnungen wurden in den letzten Jahrzehnten kaum gezeigt bzw. waren nur wenigen Forschern bekannt. Sie machen neben dem Einsatz unterschiedlicher Zeichenmittel und Blattformate auch die stilistische Entwicklung des Künstlers schlaglichtartig sichtbar.
Unter den Zeichnungen der Sammlung Göpel befinden sich zahlreiche Porträts, darunter eines der frühesten Selbstbildnisse des Künstlers, das „Selbstbildnis mit flachem Hut“ von 1901. Einzigartig sind auch die Bildnisse seiner zweiten Frau Quappi aus dem Hochzeitsjahr 1925 und zwei Studien zu dem heute am Museum Ludwig in Köln befindlichen Bildnis des Sammlers Gottlieb Friedrich Reber von 1929.
Die 52 druckgraphischen Blätter, die überwiegend zwischen 1911 und 1929 entstanden, umfassen neben weiteren Selbstbildnissen viele seltene Probedrucke von hoher Qualität. Von den regulären Exemplaren, die sich bereits vielfach in der Sammlung des Kupferstichkabinetts befinden, unterscheiden sie sich auch durch den Einsatz besonderer Papiere, wie etwa von Japanpapier oder farbigem Bütten. Manche der Graphiken wurden zudem von Beckmann nachträglich mit dem Bleistift ergänzt – wie etwa ein frühes, äußerst seltenes als Radierung ausgeführtes „Selbstbildnis“ von 1904.
Die Gemälde „Selbstbildnis in der Bar“ (1942) und „Bildnis Erhard Göpel“ (1944) schließlich beleuchten das Werk des im „Dritten Reich“ als entartet diffamierten Künstlers im Amsterdamer Exil. Während Beckmann sich auf ersterem müde und in sich gekehrt am Tisch einer Bar sitzend zeigt, stellt er den 38-jährigen Erhard Göpel in einem mannshohen Porträt als gedankenschweren Intellektuellen dar. Ebenfalls präsentiert wird Hans Purrmanns Gemälde „Häuser und Mauern in Porto d’Ischia“ (1955). Purrmann, der mit dem Ehepaar Göpel eng befreundet war, weilte zwischen 1953 und 1958 regelmäßig auf Ischia. Die dort gemalten Landschaften zeichnen sich durch satte, leuchtende Farben aus.
Barbara Göpel war die Witwe des Kunsthistorikers Dr. Erhard Göpel, dessen Rolle im Nationalsozialismus zutiefst ambivalent erscheint: Zwar war er seit Februar 1942 für den „Sonderauftrag Linz“ aktiv am NS-Kunstraub beteiligt, doch schützte Göpel zugleich seinen als „entartet“ diffamierten Künstlerfreund Max Beckmann vor dem Zugriff der Nationalsozialisten. Nach 1945 machte sich das Ehepaar Göpel um die Forschung zur Kunst der Klassischen Moderne und besonders zum Werk Beckmanns und Purrmanns verdient. Die Gemälde und zahlreiche der graphischen Arbeiten erwarb Göpel direkt von den Künstlern: 1943 bzw. 1944 in Max Beckmanns Atelier in Amsterdam sowie 1955 von Hans Purrmann.
Das Vermächtnis an die Staatlichen Museen zu Berlin erfolgte durch Vermittlung von Eugen Blume, bis August 2016 Leiter des Hamburger Bahnhofs – Museum für Gegenwart – Berlin, der in einem engen freundschaftlichen Verhältnis zu Barbara Göpel stand.
Die fortlaufende Erforschung der Provenienzen gemäß der Washingtoner Prinzipien ist den Staatlichen Museen zu Berlin ein zentrales Anliegen. In Vorbereitung der Sonderpräsentation wurde daher vom Zentralarchiv eine tiefergehende Prüfung der Herkunft der Werke begonnen. Und obwohl bei keinem der vor 1945 entstandenen Werke ein konkreter Verdacht auf NS-Raubkunst besteht, konnte gerade für die Arbeiten auf Papier und für die druckgraphischen Werke, die in höheren Auflagen erschienen, keine lückenlosen Objektbiografien gefunden werden. In der Sonderpräsentation werden die Ergebnisse der bisherigen Provenienzforschung mit einer chronologischen Gliederung der Werke sowie einzelnen thematischen Akzenten verknüpft.